Open Air Konzert im Innenhof des Fürstlichen Schlosses Thurn & Taxis, Regensburg, 17.7.2012
Herrschaftliche Stimmen in fürstlichem Rahmen – und das Volk spendet begeistert trampelnd, klatschend und jubelnd den verdienten Applaus. Auf diesen kurzen Nenner könnte man obiges Konzert, konzipiert und durchgeführt von SOM Sound of Music Concerts, bringen.
Die Solistenriege, angeführt von der Grande Dame des europäischen Musicals, Pia Douwes, und den arrivierten Darstellerkollegen Carin Filipčić, Andreas Bieber und Matthias Stockinger sowie dem Newcomer Markus Psotta verspricht brillanten Hörgenuss. Das für ein Musicalkonzert üppig bestückte 11-köpfige Orchester lässt erahnen, dass hier enormer Aufwand dahintersteckt, und ein außergewöhnliches Konzert Vorfreude aufkommen lässt.
Das Ganze dargeboten im wundervollen Flair des prächtigen Innenhofs der fürstlichen Residenz zu Thurn & Taxis St. Emmeram, eingebettet in die hochklassigen Schlossfestspiele. Ein Genuss für Aug’ und Ohr.
Die in besagtem Innenhof aufgebaute große Tribüne, von welcher jeder Besucher vorzügliche Sicht auf das Bühnengeschehen hat, richtet den Blick auf eben diese große Bühne, im Hintergrund ein Teil der Schlossfassade, auf einer Empore wachen antike Steinfiguren über das Geschehen. Ein Ambiente, das es wohl in dieser Form kein zweites Mal bei Freilichtfestspielen in Deutschland gibt.
An die 1800 Besucher finden sich für diese Musicalgala ein. Möglicherweise wären es bei erschwinglicheren Eintrittspreisen noch ein paar mehr gewesen, mit 85 Euro für die beste Kategorie bewegt sich das Preisniveau auf wahrhaft fürstlichem Level.
Die bei Open Air Veranstaltungen immer mit großem Risiko behaftete Wettersituation ist positiv: Trotz nicht unerheblicher Regenwahrscheinlichkeit, gemeldet für den Abend in der Region, passt auch diese Komponente und es bleibt durchgehend trocken, ebenso bewegen sich die Temperaturen im erträglichen Bereich.
Perfekte Bedingungen also, um an diesem Abend die Highlights der Musicalwelt serviert zu bekommen. Unterteilt in Themenblöcke, wie z. B. „Andrew Lloyd Webber“, „Tanz der Vampire“, „Elisabeth“ und am Ende ein umfangreicher „Pop-Compilation“-Block deckt das Konzert mit insgesamt 28 Titeln vom DramaMusical über klassische Musicals bis hin zur Spaß- und Mitsing-Sequenz alle Sparten ab.
Das höchst engagiert aufspielende SOM Orchestra unter Leitung des erfahrenen Ratan Julian Jhaveri unterstützt die wunderbaren Stimmen der Solisten hervorragend, die Tonaussteuerung lässt keine Wünsche offen und auch das stimmungsvolle Lichtdesign passt genau.
Die Solisten im Detail:
Pia Douwes ist der bekannteste und längst legendäre Name im Musical-Business. Mit unvergleichlicher Bühnenpräsenz und über mehrere Oktaven gehendem Sopran versetzt die in Amsterdam gebürtige Ausnahmekünstlerin seit mittlerweile über 25 Jahren das Publikum in Erstaunen, Verzückung und tiefe Bewunderung. Authentizität, Humor, Eleganz und eine unglaubliche Professionalität zeichnen Pia Douwes aus, und machen – natürlich! – auch ihren Auftritt im Fürstlichen Innenhof zu einem Ereignis. Höhepunkte herauszustellen, fällt schwer: Erinnerung aus „Cats“ geht in ihrer Interpretation immer noch ans Herz, obwohl diese Nummer fast schon als abgenudelt im Genre gilt. Ihr sichtlicher Spaß bei dem Abba-Duett Dancing Queen mit ihrer Kollegin Carin Filipčić vermag ebenso mitzureißen wie ihr Sarah-Vortrag aus dem Kultmusical „Tanz der Vampire“ (im Duett mit Matthias Stockinger). Nicht zu vergessen das Titellied aus „Rebecca“, als trauerumflorte, strenge und sinistre Haushälterin Mrs. Danvers steht die Darstellerin aktuell in diesem Stück im Stuttgarter Palladium Theater auf der Bühne. Höhepunkt jedoch ist unbestritten der „Elisabeth“-Block. Bei der Uraufführung des Musicals im September 1992 im Theater an der Wien kreierte Pia Douwes die herausfordernde Rolle der späteren Kaiserin Elisabeth im Bogen vom fünfzehnjährigen Wildfang bis zur verbitterten, einsamen und egozentrischen Monarchin wider Willen. Untrennbar mit Pia Douwes ist seither diese Rolle verbunden, die sie, ihren eigenen Worten nach, als ihr „Baby“ bezeichnet.
Carin Filipčić ist als feste Größe in der österreichischen und deutschen Musical-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Mit ihrem warmen Mezzosopran bewältigt sie scheinbar mühelos anspruchsvolles Liedgut und vermag den Zuschauer durch ihre Interpretation auf die Reise mitzunehmen. Ihr Vortrag Gold von den Sternen aus dem Musical „Mozart!“ ist ein erwartetes Highlight, anrührend und bewegend der Abba-Titel Durch meine Finger rinnt die Zeit sowie die große „Evita“-Arie Wein nicht um mich Argentinien. Und einfach nur großartig ihr Duett mit Matthias Stockinger in einer außergewöhnlichen Version von Lloyd Webbers Hit Music of the Night aus dem „Phantom der Oper“.
Andreas Bieber steht ebenso wie seine letztgenannte Kollegin seit bereits mehr als 20 Jahren in großen und bekannten Musicals auf der Bühne und verzaubert vom ersten Moment seiner Präsenz mit Frische und strahlendem Lausbuben-Charme. Ich wollte nie erwachsen sein aus „Tabaluga & Lilli“ gleich zu Beginn des Konzerts ist ein grandioser Einstieg für ihn. Mit Die Schatten werden länger als Rudolf im Verbund mit dem „Tod“ Matthias Stockinger bewahrheitet sich wieder einmal, dass dieses Lied, wie von den beiden Künstlern interpretiert, zu Recht als das beste Männer-Duett im Musicalbereich gilt. Nett ist zu beobachten, wie die rockigen Rhythmen im Refrain des Mittelteils mit Andreas Bieber nahezu durchgehen, und er tanzend einige schwungvolle Moves hinlegt, bevor er sich darauf besinnt, dass dies wohl einem melancholisch-depressiven Habsburger-Prinzen nicht unbedingt gut zu Gesicht steht. Sehr intensiv seine Darstellung des unglücklichen Thronfolgers Rudolf in der Verzweiflungsarie Wenn ich Dein Spiegel wär. Höchst amüsant die Situation, bevor der Künstler in Gestalt des „Joseph“ auf die Bühne kommen soll – das Orchester spielt die ersten Takte von Wie vom Traum verführt – indes, kein „Joseph“ erscheint. Zweiter Versuch des Orchesters, wieder nicht von Erfolg gekrönt: Ratlose Gesichter bei Dirigent und Musikern. Plötzlich stürmt Andreas Bieber, gewandet in das Joseph’sche Träumerkleid, auf die Bühne und erzählt atemlos, dass er sich beim Ankleiden mit dem „alten Lappen, der schon 20 Jahre auf dem Buckel hat“, verhedderte. Nun, ob das nun wirklich so zutraf oder nicht – charmant-lässig erklärt war es allemal!
Matthias Stockinger mit seinem kraftvollen, klassisch ausgebildeten Bariton begeistert das Publikum als König Ludwig2 aus dem gleichnamigen Musical mit Kalte Sterne und ebenso stimmgewaltig als Graf von Krolock aus „Tanz der Vampire“. Die suggestive doch gleichwohl verführerische Bedrohlichkeit des „Todes“ in „Elisabeth“ ist künstlerisches Neuland für den Sänger, doch er bewältigt diesen Part gut. Kleinere Textunsicherheiten sind wohl der Nervosität geschuldet, und fallen ohnehin nur den Musical Fachleuten auf. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, und so reissen Matthias Stockinger und der charmante Andreas Bieber mit ihrer Duett-Version von Griechischer Wein das Publikum zu Lachsalven hin – Hellas!
Last but not least der Nachwuchskünstler Markus Psotta, der sich sehr gut in die Riege der arrivieren Musical-Größen einfügt. Mit seinem Solo Starlight Express weiß er zu überzeugen, und beim rockigen Queen-Titel I want to break free kann man ihm nicht anlasten, dass er neben dem sich extrem gut bewegenden Energiebündel Andreas Bieber etwas untergeht.
Die Ensemblenummern Can You Feel the Love Tonight und besonders die Zugabe For the Glory demonstrieren eindrucksvoll die wundervolle Harmonie der Stimmen.
Geadelt wird der Abend durch die Anwesenheit des Komponisten Sylvester Levay, der mit seinen kongenialen Partituren zu u. a. „Elisabeth“, „Mozart!“ und „Rebecca“ Musicalgeschichte schrieb und zusammen mit Autor Michael Kunze das Genre des DramaMusicals zu weltweitem Erfolg führte.
Nach einem großartigen Musical-Abend hier noch einige Stimmen der Zuschauer: „Wundervolle Solisten“, „einfach großartig“, „dieser Abend hat sich wirklich gelohnt“, „phantastisch – hätte nicht gedacht, dass das so toll wird“, „sehr unterhaltsam“. Oh ja, völlig d’accord! Man hofft auf eine Wiederholung im kommenden Jahr.
(Silvia E. Loske), Juli 2012
Konzept & Staging: Andreas Luketa für Sound of Music Concerts
Arrangements: Mario Stork
Musikalische Leitung: Ratan Julian Jhaveri
Songlist
MUSIKTITEL | INTERPRET/-IN |
Teil 1 | |
Can You Feel The Love Tonight (Musical “Der König der Löwen“) | Pia Douwes, Carin Filipčić, Andreas Bieber, Matthias Stockinger |
Ich wollte nie erwachsen sein (Musical „Tabaluga & Lilli“) | Andreas Bieber |
Rebecca (Musical „Rebecca“) | Pia Douwes |
Kalte Sterne (Musical “Ludwig2”) | Matthias Stockinger |
Gold von den Sternen (Musical „Mozart!“) | Carin Filipčić |
Einladung zum Ball / Totale Finsternis (Musical „Tanz der Vampire“) | Matthias Stockinger und Pia Douwes |
Die unstillbare Gier (Musical „Tanz der Vampire“) | Matthias Stockinger |
Wer versteht, was Liebe ist (Musical „Aspects of Love“) | Andreas Bieber |
Wein nicht um mich, Argentinien (Musical „Evita“) | Carin Filipčić |
Starlight Express (Musical „Starlight Express“) | Markus Psotta |
Wie vom Traum verführt / Schließt jede Tür (Musical „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“) | Andreas Bieber |
Music of the Night (Musical „The Phantom of the Opera“) | Carin Filipčić & Matthias Stockinger |
Erinnerung (Musical „Cats“) | Pia Douwes |
Licht am Ende des Tunnels (Musical „Starlight Express“) | Pia Douwes, Carin Filipčić, Andreas Bieber, Matthias Stockinger |
Teil 2 | |
“Elisabeth”-Block:Wie Du | Pia Douwes |
Kein Kommen ohne Geh’n | Matthias Stockinger |
Ich gehör nur mir | Pia Douwes |
Die Schatten werden länger | Matthias Stockinger & Andreas Bieber |
Wenn ich tanzen will | Pia Douwes & Matthias Stockinger |
Wenn ich Dein Spiegel wär | Andreas Bieber |
Nichts, nichts, gar nichts | Pia Douwes |
Der Schleier fällt | Pia Douwes & Matthias Stockinger |
I Want to Break Free (Musical „We Will Rock You“) | Andreas Bieber & Markus Psotta |
Durch meine Finger rinnt die Zeit (Musical “Mamma Mia!) | Carin Filipčić |
Dancing Queen (Musical “Mamma Mia!”) | Pia Douwes & Carin Filipčić |
Griechischer Wein (Musical „Ich war noch niemals in New York“) | Matthias Stockinger & Andreas Bieber |
Hinterm Horizont (Musical „Hinterm Horizont“) | Pia Douwes, Carin Filipčić, Andreas Bieber, Matthias Stockinger |
Zugabe | |
For the Glory (Musical „The Civil War“) | Pia Douwes, Carin Filipčić, Andreas Bieber, Matthias Stockinger, Markus Psotta |