10-jähriges Bandjubiläum, neue CD und Konzerte Herzogenburg & München
© Tobias Singer
Ich gebe es zu: Bislang habe ich immer einen großen Bogen gemacht um alles, was mit Countrymusik zu tun hat. Pop, Rock, Funk, Soul, Musical, auch teilweise Oper – alles gut, nur bitte nicht Country. Offenbar hatte mich früher das weinerliche Instrumenten-Gejaule, das ich sofort mit Country assoziiere, als Trauma ereilt. Nur wie kam es dann dazu, dass ich meine bisher ablehnende Haltung dieser Musikrichtung gegenüber zur Seite gestellt und mich nahezu mutig in die für mich völlig fremde Countrywelt gewagt habe?
Nun, dazu bedurfte es eines außergewöhnlichen Künstlers namens Daniel Gutmann. Hauptberuflich Opernbariton am Staatstheater am Gärtnerplatz, wird er dort aufgrund seines sehr breit gefächerten Könnens auch im Operetten- und neuerdings im Musicalfach besetzt. Und hat mich nachhaltig begeistert von der ersten Sekunde an in seiner Rolle als in fehlgeleitetem Gerechtigkeitswahn zerrissener Inspektor Javert im enthusiastisch gefeierten Mega Blockbuster Erfolg Les Misérables (ab Oktober für weitere zwölf Vorstellungen im Gärtnerplatztheater zu erleben – sofern man noch Karten bekommt!).
In der Recherchevorbereitung für ein Interview mit Daniel Gutmann stolperte ich auf seiner bestens gepflegten Homepage über sein Projekt The Groovecake Factory und nahm mit nicht minder großem Erstaunen zur Kenntnis, dass er auch noch seit zehn Jahren eine eigene Countryband hat. Und sich dort nicht nur mit seiner so besonderen Stimme als Sänger und Gitarrist einbringt, sondern auch alle Songs selbst komponiert und textet und darüber hinaus, als ob das noch nicht genug wäre, auch alles Organisatorische rund um die Band managt.
Also, um es kurz auf einen Nenner zu bringen: Sollte es den Begriff „künstlerische Vielseitigkeit“ nicht schon geben, dann hätte er für Daniel Gutmann erfunden werden müssen – ich vergaß zu erwähnen, dass er neben all dem Aufgezählten auch noch im Fach klassischer Liedgesang Konzerte gibt und im Bayerischen Fernsehen regelmäßig mit Wiener Liedern und Operetten Couplets vertreten ist.
Und all diese so unterschiedlichen Genres bringt der junge Niederösterreicher offenbar mühelos unter einen Hut und widmet sich jeder dieser Musikrichtungen mit großer Leidenschaft und Herzblut. Nähere Ausführungen dazu sind im erwähnten Interview auf dieser Fachpräsenz vom April 2024 nachzulesen.
Zurück zur Countrymusik: Neugierig geworden durch seine Erzählungen und vor allem deshalb, weil es seine eigene Art von Musik ist, die eben nicht zu hundert Prozent den üblichen Countrystandards entspricht, wollte ich mir das anhören und ansehen, nach der Maxime give it a try.
Vor nunmehr zehn Jahren gründete Daniel Gutmann The Groovecake Factory, witziger Name, es soll nach seinen Angaben die Fabrik sein, die kleine Musikküchelchen herstellt. Nun, gerne – kann man hierbei doch getrost die ansonsten, wenn es um Kuchen geht, ständigen Überlegungen zu low carb getrost außer Acht lassen und einfach diese besonderen Küchelchen über den Gehörgang genießen.
Das im September anstehende zehnjährige Bandjubiläum, im Laufe der Zeit wechselte die Besetzung aufgrund persönlicher Lebensumstände mehrfach, insgesamt waren elf Musiker in den Jahren Bestandteil der Formation, sollte gebührend gefeiert werden. So erarbeitete Daniel Gutmann im Laufe der letzten beiden Jahre zwölf Songs für das erste umfassende Album, „Hold the Moments“. Bereits 2020 kam eine EP mit fünf Songs heraus mit dem Titel „Right Now“, nun also der größere Wurf.
Die zwölf Tracks kommen hauptsächlich in groovigem Uptempo daher und bieten einen sehr hörenswerten Querschnitt des bisherigen Schaffens mit Einigem an Ohrwurmpotential. Daniel Gutmann verarbeitet in den Lyrics einiges an autobiographischen Erlebnissen wie zum Beispiel in „Room #3“ die Erinnerung an einen romantischen Urlaub. In „Now or Never“ und im Titelsong „Hold the Moments“ geht es darum, im Hier und Jetzt zu leben, den Moment zu genießen und als Paar gemeinsam den Weg zu gehen, egal was kommen mag. Zu „Halloween“ gibt es bereits seit zwei Jahren ein sehenswertes Video, „Lost in Time“ und „Write a Story“ bahnt sich durch den Rhythmus und die eingängigen Harmonien sofort den Weg in den Gehörgang und verbleibt dort. „Mr. T.“ hat einen Mann zum Inhalt, der sowohl für Musik als auch für Liebe bezahlt … Balladesk und smooth kommt bittersüß „There for You“ daher, hier geht es um eine Trennung.
Alles eine sehr runde Sache. Die Band besteht aktuell aus den vier studierten Musikern Daniel Gutmann (Lead Vocals und Gitarre), Clara Loibersbeck (Kontrabass), Julian Vana (E-Piano und Mundharmonika) und Robin Prischink (Drums). Die Backing Vocals von Clara, Julian und Robin unterstützen aufs Vortrefflichste die markante Stimme von Frontman Daniel und dies zusammen bietet enormen musikalischen Wiedererkennungswert.
Auf Amazon Music sind die Songs bereits verfügbar. Jedoch ist es unbedingt empfehlenswert, sich das physische Album zuzulegen. Die CD steckt nicht in einer üblichen Kunststoffhülle sondern ist als kleines Büchlein sehr hochwertig und ansprechend produziert mit schönem ausführlichen Booklet mit Ausführungen zur Bandgeschichte, vielen Fotos der Band aus vergangenen Jahren und der Gegenwart und vor allem mit allen Lyrics. Das Cover zeigt einen Adler im Flug, erstellt von Daniels Mutter, der Malerin Bernadette Gutmann und auch die Coverschrift entstammt handgemachter familiär-künstlerischer Produktion.
Die CD ist hier zu erwerben:
Products | The Groovecake Factory (bigcartel.com)
Das CD Release sollte mit drei aufeinanderfolgenden Konzerten in Wien, Herzogenburg (der Heimat des Künstlers) und im Münchner Rattlesnake Saloon begangen werden.
Daher machte ich mich am Samstag, 7. September, auf ins niederösterreichische Herzogenburg. Auf dem Rathausplatz des Städtchens wurde Open Air und bei freiem Eintritt mit einem über zweistündigen Konzert der Groovecake Factory vor ungefähr 400 Besuchern ein tolles Programm geboten.
Im Mittelpunkt natürlich die Songs des erst einen Tag zuvor, bei einem kleinen Try-Out in Wien vorgestellten und zu erwerbenden, neuen Albums. Zusätzlich präsentierte die Band sozusagen als Rückblick auf die letzten zehn Jahre bereits früher entstandene Songs und auch ein paar, aber wenige, Coverversionen – die bekanntesten Hits von Johnny Cash – „Ring of Fire“ und „Jackson“, von Jimmy Buffett „Margaritaville“ und zwei, drei weitere Songs, die mir zuvor nicht bekannt waren.
Standesgemäß wurden die vier Bandmitglieder in einem offenen Pontiac Oldtimer vor die Bühne gefahren und legten dort mit der passenden Nummer „Tonight“ gleich richtig los.
Die Tonaussteuerung war sehr gut und wunderbar stimmig die farbigen Pyroeffekte, welche die Künstler in mystische Nebelschwaden tauchten.
Zum Ende des Konzerts kamen viele der früheren Bandmitglieder zu einem Happening auf die Bühne und hauten mit den Hits „Jackson“
und dem Elvis-Hit „Viva Las Vegas“ nochmal so richtig einen raus. Großartig!
Es war in Herzogenburg ein sehr schöner Open Air Konzertabend mit perfektem Wetter, auch Catering wurde an diversen Ständen angeboten. Jedoch hätte ich mir – ehrlicherweise – etwas mehr Enthusiasmus des Publikums gewünscht, wenn schon der derzeit berühmteste Sohn des Orts auf der Bühne alles gibt.
Das „Mehr“ an Applaus folgte zum Glück einen Tag später im ausverkauften Konzert im Münchner Rattlesnake Saloon.
Einer witzigen Location und in der Szene sehr bekannten Countrymusik Kneipe in einer Münchner Gegend, wo sich sprichwörtlich Fuchs & Hase gute Nacht sagen. Da ging es nochmal richtig zur Sache und erfreulicherweise wurden die Künstler hier entsprechend für ihre grandiose Performance gebührend gefeiert!
Highlight des Abends – meine subjektive Meinung – war die wunderschöne Ballade „Lies“ , die vollkommen unplugged, sehr zart und anrührend vorgetragen wurde.
Als Zugabe gab es auch hier das mitreissende „Viva Las Vegas“.
Am 5. Oktober wird der diesjährige Austrian Country Music Award verliehen – und die Groovecake Factory ist hochverdient geich in drei Kategorien nominiert: als beste Band, bester Musiker (Julian Vana) und – naturalmente!!! – bester Sänger (Daniel Gutmann). Man braucht nicht unbedingt prophetische Talente haben um zu konstatieren, dass die Jury an dieser geballten Ladung an Talent nicht vorbeikommen wird … Daumen sind gedrückt!
Fazit: Ich werde in diesem Leben sicher nicht mehr der Mega-Country-Fan werden, doch das, was Daniel Gutmann mit seiner Groovecake Factory liefert, ist sehr gute Musik und mega unterhaltsam. Mit Coldplay im Auto bin ich nach Herzogenburg gefahren, auf dem Rückweg nach München lief im Player die Groovecake Factory. Und tut es immer noch, jedes Mal, wenn ich ins Auto steige. Das sagt eigentlich alles! Gratulation, Daniel, Clara, Julian und Robin. Weiter so! Bin gespannt, wie es mit Euch und der Band weitergeht. Steil bergauf, wage ich mal zu behaupten 🙂
© alle Fotos (mit Ausnahme des ersten): Musical Reviews
Infos auf
Opernsänger | Daniel Gutmann Bariton
und
Band | TheGroovecakeFactory
Videos der Konzerte Herzogenburg und München finden sich auf meiner Instagram Präsenz, gerne vorbeikommen und gucken.
Silvia E. Loske, September 2024