SUNSET BOULEVARD

„Norma war zurück“

21.04.2012, Theater Magdeburg

Nach der erfolgreichen Premiere im November 2010 wurde Andrew Lloyd Webbers „Sunset Boulevard“ ab Dezember 2011 wieder vom Theater Magdeburg aufgenommen. Nun fand am 21. April 2012 die vorerst letzte Vorstellung im sehr gut besuchten Madgeburger Opernhaus statt.

Das Musical ist eine Adaption des weltberühmten Billy-Wilder-Films „Boulevard der Dämmerung“.

Die Geschichte beginnt mit dem Auffinden der Leiche eines jungen Mannes, erschossen im Swimmingpool einer der legendären Villen am Sunset Boulevard treibend. Im Rückblick erlebt das Publikum, wie es zu dem Mord kam.

In einem gewaltigen Anwesen am „Sunset Boulevard“ in Hollywood lebt abgeschieden der ehemalige Stummfilmstar Norma Desmond (Marianne Larsen).

Der mittellose junge Drehbuchautor Joe Gillis (Nikolaj Alexander Brucker) gerät bei der Flucht vor seinen Gläubigern zufällig auf das Grundstück und versteckt dort seinen Wagen in der Garage. Dabei wird er vom Butler Max von Mayerling (Wolfgang Klose) mit einem bestellten Bestatter verwechselt, der den toten Schimpansen von Norma beerdigen soll.

Die Verwechslung klärt sich im Folgenden auf, Joe trifft in der riesigen Wohnhalle auf die exaltierte, alternde Diva, diese unterbreitet ihm das Angebot, ihr Drehbuch zu „Salome“ zu überarbeiten. Mit diesem Stück plant sie ihr großes Comeback.

Joe zieht vorerst in die Wohnung über der Garage. Die Abhängigkeit zu Norma, die ihn mit Haut und Haaren vereinnahmt und geradezu verschlingen will, wird rasch größer und so darf er bald in das Schlafzimmer der früheren Ehemänner der Schauspielerin ins Haupthaus übersiedeln.

Man vertreibt sich die Abende im hauseigenen Kino mit dem Betrachten von Normas Erfolgen aus der Stummfilmzeit.

Norma bereitet sich auf ihre Rückkehr in die Filmwelt vor und wird dabei von ihrem devoten Butler Max bestärkt. Er ist es auch, der ihr permanent eine große Anzahl von Fanbriefen schreibt und Norma somit in dem irrigen Glauben belässt, dass sie immer noch geliebt wird und als großer Star gilt.
Es stellt sich heraus, dass Max Normas erster Ehemann und zudem ihr Entdecker und Regisseur ihrer großen Erfolgsfilme war – Kein Star wird jemals größer sein – ist seine feste Überzeugung.

Zu Silvester gibt Norma eine große Feier. Allerdings wird bald deutlich, dass sie diese nur für sich und Joe arrangiert hat. Als Joe dies klar wird, verlässt er aufgebracht das Anwesen und besucht die unkonventionelle und fröhliche Silvesterparty seines Freundes Artie Green. Dort trifft er auch die Produktionsassistentin Betty Schaefer wieder, die er zuvor bereits in den Paramount Studios kurz kennengelernt hatte, als mal wieder eines  seiner Drehbücher abgelehnt wurde.
Norma indes suhlt sich in Verzweiflung, weil sie sich von Joe verlassen fühlt. Sie schneidet sich melodramatisch die Pulsadern auf und zwingt Joe somit zur reumütigen Rückkehr. Er tut dies widerwillig und wird nun doch schließlich Normas Liebhaber, und genießt fortan die Annehmlichkeiten eines Lebens als Gigolo zwar sarkastisch, aber dennoch in vollen Zügen.

Das Drehbuch wird fertiggestellt und an die Paramount Studios geliefert. Jedoch besteht dort überhaupt kein Interesse an einer Verfilmung, vielmehr gilt der darauffolgende Anruf der Studios lediglich dem Interesse an dem gut erhaltenen Oldtimer Normas, was Norma komplett missversteht. Voller Enthusiasmus begibt sie sich entsprechend aufgeputzt ins Studio und blüht in der Runde der dortigen Filmmannschaft, von denen einige ältere Mitarbeiter sie erkennen, im freundlicherweise kurz auf sie gerichteten Scheinwerferspot auf.

Joe beginnt, mit Betty ein eigenes Drehbuch zu schreiben. Beide verlieben sich und ihm wird klar, dass er der Abhängigkeit zu Norma entfliehen muss. Norma fühlt, dass Joe ein anderes Mädchen liebt und bemerkt, dass er sich heimlich mit der anderen trifft. Sie informiert Betty in einem Telefonat darüber, dass Joe ihr Liebhaber sei und von ihr ausgehalten wird. Betty sucht daraufhin die Villa auf, und Joe kann nicht mehr anders, als ihr dabei zynisch die ganze Wahrheit zu eröffnen. Joe möchte Norma endgültig verlassen und packt seine Koffer. Er teilt Norma seinen Entschluss mit, sie zu verlassen. „Das darfst Du nicht, niemand verlässt einen Star“ ist ihre Reaktion, gefolgt von drei Schüssen. Joe stürzt tödlich getroffen in den Swimmingpool.

Reporter und TV Teams treffen ein und bauen ihre Kameras auf, um über den Mord zu berichten. Norma ist nun endgültig dem Wahnsinn anheimgefallen, bewegt sich in einer anderen Welt und bildet sich ein, dies sei der Anfang der Dreharbeiten zu ihrem großen Comeback. Sie schreitet hochdramatisch, in skurrile Gewänder gehüllt, als „Salome“ die Treppe ihres Palastes herunter, dem gleissenden Scheinwerferlicht der Reporter entgegen…

Die Geschichte wird in der Magdeburger Inszenierung optimal umgesetzt. Das im Vergleich zur Originalproduktion schlichte Bühnenbild ist sehr stimmig gelungen, eine überdimensionale Filmrolle bildet dabei den Mittelpunkt. Durch geschickten Einsatz der Drehbühne ist man schnell in unterschiedlichen Spielorten wie in der Wohnhalle, der Garage, dem Filmstudio.

Die Kostüme sind aufwendig, das Lichtdesign harmonisch.

Die Darsteller füllen ihre Rollen souverän aus.

Die gebürtige Dänin Marianne Larsen überzeugt neben ihrer stimmlichen Präsenz mit beeindruckender Mimik und Gestik – sie ist einfach Norma in jeder Sekunde auf der Bühne.

Nikolaj Alexander Brucker stellt den Joe glaubwürdig dar, stimmlich ist er absolut sicher und bringt den nötigen Zynismus wohldosiert zum Ausdruck.

Wolfgang Klose als Max von Mayerling agiert gut, bei seinen wenigen Gesangsparts  merkt man jedoch eine gewisse Anstrengung.

Die Wienerin Sigrid Brandstetter gibt eine liebenswerte Betty Schaefer und kommt dabei sehr authentisch rüber, auch gesanglich ist sie ebenfalls sicher.

Das Ensemble, unterstützt vom Magdeburger Ballett, zeigt sich hochmotiviert und zu jeder Zeit präsent. Manchmal kommt es allerdings zu kleineren phonetischen Unverständlichkeiten beim Gesang einiger Darsteller.

Das opulent besetzte große Orchester der Magdeburger Philharmonie mit weit über 40 Musikern spielt grandios auf, insbesondere die Ouvertüre ist ein Hörgenuß allererster Güte.

Kritik ist einzig am Libretto angebracht, hier gibt es starke Abweichungen zur Original-Produktion. Es wurde teils unsinnig und sogar inhaltlich geändert.
Auch vor dem Titellied wurde nicht Halt gemacht und dieses leider respektlos verändert. Ärgerlich zudem, dass im Programmheft „Deutsch von Michael Kunze“ vermerkt ist, dieser jedoch für diese Änderungen nicht verantwortlich zeichnet.

Bleibt zu hoffen, dass es eine weitere Wiederaufnahme in Magdeburg geben wird. Die fulminante Inszenierung hat es auf jeden Fall verdient.

(pk), April 2012

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Musikalische Leitung(Magdeburgische Philharmonie) Pawel Poplawski
Inszenierung Stefan Huber
Choreographie Danny Costello
Bühne Michael Kraus
Kostüme Susanne Hubrich
Dramaturgie Michael Otto
Ballet Magdeburg  
   
Darsteller:  
Norma Desmond Marianne Larsen
Joe Gillis Nikolaj Alexander Brucker
Max von Mayerling Wolfgang Klose
Betty Schaefer Sigrid Brandstetter
Artie Green / Victor Mature Pawel Stanislawow
Cecil B. DeMille Roland Fenes
Morino / Mr. Manfred Manfred Wulfert
Mayron Paul Sketris
Sheldrake Markus Liske