ROBIN HOOD

Tourneeproduktion, Premiere München Deutsches Theater, 10. November 2023

Freiheit für Nottingham!

Die Geschichte des berühmten englischen Nationalhelden, der seinem Adelsstand den Rücken kehrt und sich im Sinne der Gerechtigkeit für die Armen und Geächteten einsetzt und an diese von den Reichen und Korrupten gestohlenes Geld verteilt, kennt wohl jeder. Sehr bekannt sind die zahlreichen Verfilmungen des Stoffs, am erfolgreichsten war der Blockbuster „Robin Hood – König der Diebe“ aus 1991 mit Kevin Costner in der Titelrolle.

2022 brachte die umtriebige in Fulda ansässige Spotlight Musicals GmbH nun die Musicalfassung erfolgreich zur Aufführung und gewann für die Erstellung des Großteils der Partitur den irischen Weltstar Chris de Burgh.

Diese Bühnenfassung hat eine andere, sehr viel umfangreichere und historisch politisch tiefergehende Herangehensweise an den Stoff als die Kinofilme. Hier steht ein junger Adliger, Robin von Loxley, einziger Erbe der Grafschaft Huntington, im Mittelpunkt, der beileibe nicht von Anbeginn an der strahlende, romantische Held ist. Vielmehr erlebt der Zuschauer einen zweifelnden jungen Angehörigen der englischen Oberschicht des 12. Jahrhunderts, der gegen seinen skrupellosen machtgierigen Vater, welcher ihn mit der 14-jährigen Marian, Cousine des Königs, zwangsverheiratet, aufbegehrt. Zusammen mit dem gleichaltrigen Guy von Gisbourne, mit dem er aufgewachsen ist, flieht Robin aus den väterlichen Zwängen in den Krieg nach Palästina, um an der Seite von König Richard Löwenherz an dessen Kreuzzug teilzunehmen. Und wird in den Kriegsjahren schwerst traumatisiert und kehrt nach vielen Jahren, in denen er zuhause als gefallen galt, als gebrochener Mann zurück. Sein Vater ist mittlerweile beim Versuch, Marian zu vergewaltigen, um mit ihr ein Kind königlichen Geblüts zu zeugen, gestorben. Auch König Richard Löwenherz ist tot, gefallen.

Dessen selbstsüchtiger Bruder John lässt den legitimen Erben, den Sohn von Richard Löwenherz, ermorden und reisst somit Krone und Thron von England an sich. Fortan knechtet er sein Volk mit hohen Steuern, um seinen ausschweifenden Lebenswandel zu finanzieren.

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Die Eintreibung der Steuern erfolgt über den Sheriff von Nottingham, Marians Vater. Als dieser nicht so funktioniert, wie es King John will, schneidet er dem Sheriff die Kehle durch und ersetzt ihn durch Guy von Gisbourne. Dieser war aus dem Kreuzzug auf das Gut Huntington zurückgekehrt und machte sich Hoffnung auf das Erbe der Grafschaft und eine Heirat mit der vermeintlichen Witwe Marian. All dies wird durch die Rückkehr Robins zunichte gemacht, Guy entwickelt großen Hass auf Robin und stellt sich daher in den Dienst King Johns und bekämpft Robin.

Robin und Marian, die so jung zwangsvermählt wurden, sind sich fremd, Robin lässt niemanden an sich heran, leidet schwer an den Kriegsverbrechen, die in Palästina geschehen waren. Marian fordert Robin auf, endlich Herz und Verstand für das notleidende, geknechtete Volk zu öffnen, sich aus seiner seelischen Abkaspelung zu befreien und Verantwortung zu übernehmen. Angewidert von den Machenschaften des Königshofs und der korrupten Barone des Landes erhebt er sich, was zur Folge hat, dass King John ihn ausschalten will. Mit der Ergreifung von Robin beauftragt John den neuen Sheriff von Nottingham, Guy von Gisbourne.

Erstmals gerät Robin auf der Flucht vor seinen Häschern in Kontakt mit den Entrechteten im Sherwood Forest, welche von King John enteignet wurden und sich im weitläufigen Wald verstecken. Robin wird gefasst und soll auf dem Schafott hingerichtet werden – Marian, Brucker Tuck und dem Entrechteten Will Scarlett gelingt seine Befreiung, Robin ruft die Gemeinschaft der Geächteten des Sherwood Forest zu Widerstand und Auflehnung gegen die Obrigkeit auf, er lehrt sie das Bogenschießen und Kämpfen.

In der Folge erbeuten die Geächteten Truhen mit Steuergeldern, die auf dem Weg an den Königshof waren, und auch ein Einbruch direkt am Königshof gelingt, und sie entwenden den Kronschatz, verteilen die Beute an die Bedürftigen, die Legende von Robin Hood entsteht. Marian ist beeindruckt vom Wandel Robins zum mutigen Kämpfer für Gerechtigkeit, die beiden nähern sich endlich an und sind nun tatsächlich ein Liebes- und Ehepaar und kämpfen Seite an Seite.

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Robin setzt alles daran, der willkürlichen Knechtschaft des Volks durch King John und seiner Büttel ein Ende zu bereiten, wirkt maßgeblich an einer Magna Charta mit, in welcher die Rechte der einfachen Leute verankert sind. In einer letzten Auseinandersetzung mit Guy von Gisbourne stirbt dieser durch Marians Hand und Robin wird schwer verwundet. Und stirbt letztlich durch eine infame Vergiftung in Marians Armen.

Viel Stoff und sehr viele Szenen, die im Musical verarbeitet werden. Obwohl wirklich abwechslungsreich und unterhaltsam, zieht sich alles doch ziemlich. Eine Straffung durch Kürzung von etwa 15 Minuten würde dem Stück wohl guttun.

Das Bühnenbild zeigt sich sowohl minimalistisch als gleichzeitig auch überaus zweckdienlich mit hohen im Halbrund angeordneten Metallgerüsten, aus dessen Türen vielfältige Zu- und Abgänge des Ensembles erfolgen sowie einer imposanten nach oben beweglichen, großen Rampe. Stimmige Videoprojektionen versetzen in geschmeidigen Übergängen an die jeweiligen Schauplätze. Die Kostüme mit viel schwarzem (hoffentlich Kunst-) Leder, Webpelzen, Wämsen, Ketten und Stiefeln sind eine Augenweide. Das Ensemble hat enorm viel zu tun und setzt die gelungene Choreographie (Kim Duddy) bestens um.

Licht- und Sounddesign lässt keine Wünsche offen. Kleiner Wertmutstropfen ist, dass wie bei jeder Spotlight Produktion die Musik vorab eingespielt wird und somit vom Band kommt.

Zu den Darstellern:

Als Robin von Loxley gibt Philipp Büttner seinem Bühnencharakter die erforderliche innerliche Zerrissenheit, geprägt durch die väterlichen abscheulichen Taten, seine tiefe Verletztheit, welche die  traumatischen Kriegserlebnisse des Kreuzzugs verursachten. Erst spät im Stück erlebt er den Wandel hin zum Held der Armen, der gegen die korrupte Obrigkeit aufbegehrt und seinen Weg geht.

Als sein Gegenspieler Guy von Gisbourne überzeugt Thomas Hohler mit starker stimmlicher und darstellerischer Leistung. Ebenso ist mit der Besetzung von Sabrina Weckerlin, einer der führenden Ladies im deutschsprachigen Musical, für die Rolle der aufrechten, mutigen Marian ein Coup gelungen. Ihrer Bühnenpräsenz kann man sich nicht entziehen und wie stets beeindruckt sie mit traumhaft sicherer Stimme, auch wenn sie in diesem Musical nicht so viele große Arien hat.

Der selbstsüchtige, egomane King John ist bei Philipp Hägeli ebenfalls stimmlich und darstellerisch in den besten Händen, Dennis Henschel mimt sehr glaubhaft den Will Scarlett und Thorsten Tinney darf mit der Doppelrolle einerseits des skrupellosen Vaters von Robin, Earl William im ersten und John Little, Anführer der Entrechteten im Sherwood Forest, im zweiten Akt punkten.

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Die Partitur von Chris de Burgh (er steuerte acht Titel bei) und Dennis Martin ist gefällig, mit viel irischen Klängen versehen. Zahlreiche Reprisen sorgen während der Aufführung dafür, dass sich einiges im Gehörgang verfestigt. Insbesondere ist dies natürlich der 80-er Jahre Hit von de Burgh „Don’t pay the Ferryman“, der hier umgetextet wurde in das mitreißende „Freiheit für Nottingham“. Das Liebesduett Robin/Marian „Endlich frei sein“ rührt an. Der Schenkelklopfer-Mitklatsch Titel „Wir hab’n die Kohle (und der König nicht)“, mit welchem die Entrechteten im Wald den erfolgreichen Beutezug mit der Rückeroberung der unrechtmäßig erpressten Steuergelder überschwänglich feiern, bleibt im Ohr hängen.

Kaum ist der letzte Ton verklungen setzt riesengroßer Jubel im Deutschen Theater ein, Darsteller und Kreative werden zu Recht gefeiert. Und als Sahnehäubchen obendrauf wird von Sabrina Weckerlin aus dem Seitengang der Stargast Chris de Burgh auf die Bühne geleitet, der mit sanfter Stimme und ein paar deutschen Brocken sehr sympathisch und bescheiden den schönen Musical-Abend abrundet.

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https://www.deutsches-theater.de/news/robin-hood
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Silvia E. Loske, November 2023

Infos, Tickets: https://www.deutsches-theater.de/news/robin-hood

Trailer: https://youtu.be/eupMJPtc0Q0?si=oe2X3O3ZZUzozlm8

Video vom Schlussapplaus am Premierenabend:

Showfotos:  © Christian Tech, Ulli Mayer, Karsten Weber, Michael Wertmüller
Schlussapplausfotos: © Musical Reviews

Musical von Chris de Burgh (Musik) und Dennis Martin (Musik, Buch und Liedtexte)
Tourneeproduktion von BB Promotion und Spotlight Musicals

Kreative 
Buch und LiedtexteChristoph Jilo, Kevin Schröder
Musikalische LeitungMarcel Jahn
RegieMatthias Davids
ChoreographieKim Duddy
BühneHans Kudlich
LichtMichael Grundner
KostümeConny Lüders
SounddesignTom Strebel
MaskeElke Quimbach
Darsteller 
Robin von LoxleyPhilipp Büttner
MarianSabrina Weckerlin
Guy von GisbourneThomas Hohler
King JohnPhilipp Hägeli
Earl William / John LittleThorsten Tinney
Bruder TuckAndré Haedicke
Will ScarlettDennis Henschel
Äbtissin von KirkleesKira Primke
Sheriff von NottinghamThomas Christ

Ensemble, Covers:
Michelle Tönnies,Sophia Aregger, Lynsey Reid, Jenny Schlensker, Tina Haas, Lea-Katharina Krebs, Petra Pauzenberger, Raphaela Pekovsek, Alessandro Ripamonti, Steven Seale, Calum Melville, Martin Rüppel, Tobias Korinth, Torsten Paul, Sascha Laue, Robert Johansson
Kinderdarsteller: Benjamin Ostermaier, Konstantin Riesen, Emilia Mathilda Schulz, Leonie Heidrich, Isabel Eickhölter, Mats Ahrendt, Jakob Biber, Sarah Reinke
Die Musik kommt eingespielt vom Band