Gebührender Rahmen für ein großes Musical: DIE PÄPSTIN in Ludwigs Festspielhaus Füssen
Das packende und berührende Musical „Die Päpstin“ aus der Feder von Dennis Martin (Partitur, Liedtexte und Libretto), Peter Scholz, Björn Herrmann und Christoph Jilo (zusätzliche Musik und Texte) nach dem gleichnamigen Beststeller-Roman von Donna W. Cross findet neben seiner Bespielung am Uraufführungsort in Fulda nun einen dauerhaften Platz im Spielplan von Ludwigs Festspielhaus in Füssen, wie auf einer Pressekonferenz in München Ende September (siehe Bericht vom 29.09.2018) von den Festspielhausbetreibern näher erläutert.
Eine Tournee-Inszenierung von Benjamin Sahler brachte erste Aufführungen Ende 2017 im saarländischen Neunkirchen und Anfang März im Theaterhaus Stuttgart auf die Bühne. Nun feierte am 30. November 2018 das opulente Stück seine glanzvolle Premiere im prächtigen Festspielhaus am Forggensee.
Die bewegende Geschichte der Johanna, deren lebenslanges Ringen um Freiheit des Geistes, um Unabhängigkeit und Gerechtigkeit sie bis an die Spitze des Vatikans führte, ist ausführlich in der Premierenkritik Stuttgart vom März 2018 in diesem Medium ausgeführt. Diese jetzige nachfolgende Zusammenfassung beleuchtet die Inszenierung, wie sie nun im Festspielhaus zu Füssen zu sehen ist.
Das atmosphärisch dichte Musical, eingepackt in teils mystisch-klerikale Sequenzen, bedarf eines würdigen Rahmens auf großer Bühne und eines prächtigen Theaterbaus: Ergo ist das Stück an diesem Spielort am genau richtigen Platz. Der enthusiastischen Reaktion des Premierenpublikums und dem bestens laufenden Kartenvorverkauf nach zu schließen haben die Betreiber des Festspielhauses neben dem Publikumsmagneten „Ludwig2“ nun einen weiteren Hit am Start der zu der Hoffnung berechtigt, dass „Die Päpstin“ lange und stabile Spielzeitblöcke vor sich hat.
Ein ausschlaggebender Garant für entsprechenden Publikumszulauf ist sicherlich neben der in den Bann ziehenden Geschichte, der wunderbaren Partitur und den klugen Texten mit der im Mittelalter verankerten Sprache die großartige Besetzung. Die erste Riege an deutschsprachigen charismatischen Musicalstars vermag es mühelos, den Zuschauer so gekonnt ins Geschehen zu ziehen, dass selbst die Überlänge des Stücks nicht bemerkt wird, man jeden Augenblick des außergewöhnlichen Lebenswegs dieses bewundernswert starken Frauencharakters begleiten möchte.
In der Titelrolle singt und spielt sich Anna Hofbauer die Seele aus dem Leib. Vor allem ihr Schauspiel hat seit der März-Spielzeit enorm an Intensität zugelegt. Wenn verzweifelt „Wer bin ich, Gott“ aus ihr herausbricht, inmitten der von den Normannen gemeuchelten toten Leiber, dann läuft es einem eiskalt den Rücken hinab und man leidet mit Johanna mit – der größte Lohn, den ein Bühnendarsteller erreichen kann.
An Johannas Seite zwei starke Männercharaktere: der weise, kluge Aeskulapius, Johannas Förderer, dem Uwe Kröger formidables Format verleiht.
Neben seinem ausdrucksstarken Spiel ist es vor allem seine Sprechstimme, die fasziniert. Seine Rolle ist die Klammer im Stück, ihm gehören Anfang und Ende, mit seinem „Ruhe in Frieden, Päpstin Johanna“ schließt sich der Kreis.
Jan Ammann in der Rolle des Markgrafen Gerold begleitet als männlich-geradlinige Ersatzvaterfigur Johanna als kleines Mädchen und wird im Verlauf des Erwachsenwerdens Johannas große Liebe.
Neben seiner überzeugenden Darstellung des beschützenden Helden, der in Johanna nicht nur seine Geliebte sieht, sondern vor allem ihren intelligenten, freien Geist bewundert, ist es dieses Gesamtpaket an grandioser Stimme, optischer Erscheinung und starker Bühnenpräsenz, das eine nicht unerhebliche Anzahl an Musical- und Theaterbegeisterten veranlasst, genau wegen diesem Künstler eine Show zu besuchen.
Insgesamt nur gut fünf Minuten dauert der Auftritt von Kevin Tarte als Prior Rabanus – doch spricht es für die Qualität dieses Darstellers, dass er durch seine stimmgewaltige Interpretation der Arie „Hinter hohen Kostermauern“ genau diese fünf Minuten nachhaltig im emotionalen Gedächtnis der Zuschauer verankert. Bravo!
Neu in dieser Inszenierung besetzt ist Dennis Henschel als fieser Antagonist Anastasius. Gesanglich ohne jeden Tadel ist schauspielerisch noch Luft nach oben. Die vor allem im zweiten Akt sich bahnbrechende irre Machtbesessenheit im Verbund mit eiskalter Skrupellosigkeit, alles aus dem Weg zu schaffen, was ihn an der Erlangung der Papstwürde hindert, darf gerne noch intensiver interpretiert werden.
Alexander Kerbst als intriganter Fädenzieher Arsenius, Vater von Anastasius, sowie Marcus G. Kulp in der Rolle des gewalttätigen verbohrten Dorfpriesters, Johannas Vater, überzeugen erneut.
Als die beiden göttlichen Raben Hugin und Munin bezaubern anmutig Stefanie Gröning und Vera Horn. Sie schaffen mit ihrer Vertikaltuch-Akrobatik insbesondere beim Ohrwurm „Boten der Nacht“ eine mystische Atmosphäre und begeistern mit großem Können. Neu ist, dass die beiden Raben nun nach jeder Szene vorne an der Bühne auftauchen. Das ist schön anzuschauen, wenn man – ich gebe es zu – ein Fan der beiden Raben ist. Doch nutzt sich dieser Effekt im Laufe der Show etwas ab, weil es einfach zu oft passiert. Die Vermutung liegt nahe, dass dies inszeniert wurde, um von den im Hintergrund der Bühne zu den Szenenwechseln stattfindenden Umbauten abzulenken.
Das Lichtdesign lässt keine Wünsche offen, der Ton war in der Premierenvorstellung gut ausgesteuert. Leider wurde erneut der rechtzeitigen Mikroaufschaltung nicht aufmerksam genug Rechnung getragen, diesmal erwischte es mehrfach Alexander Kerbst.
Wer „Die Päpstin“ in Füssen in dieser Spielzeit erleben möchte, sollte sich sputen – es sind nur wenige Vorstellungen anberaumt (aufgrund der großen Nachfrage gibt es zwei Zusatztermine am 8. und 9. Dezember). Rund um die Weihnachtstage ist diese Inszenierung in der Gebläsehalle Neunkirchen zu sehen.
Termine und Tickets gibt es unter
https://das-festspielhaus.de/die-paepstin/
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Silvia E. Loske, November 2018