Solokonzert, Filharmonie Filderstadt, 2. Dezember 2012
Viel Gefühl, Humor, wunderbare Stimmen, ein authentisch-liebenswerter Protagonist, zwei supersympathische Special Guests, ein interessant zusammengestelltes und doch auch ambitioniertes Programm sowie ein hüpfender Bizeps – auf diese Kurzversion könnte man das erste Soloprogramm von Multitalent Alexander Klaws bringen.
Sein Werdegang ist bekannt: Dieser führte ihn vor zehn Jahren als Gewinner der ersten DSDS-Staffel (ja, er ist der Einzige, aus dem wirklich nach dem Sieg von DSDS etwas geworden ist, ganz im Gegensatz zu den sang- und klanglos in der Versenkung verschwundenen, kurzzeitig verheizten nachgefolgten Gewinner-Kollegen) über eine fundierte Musicalausbildung zu Hauptrollen in „Tanz der Vampire“ und „Tarzan“. Zwischendurch überzeugte Alexander Klaws auch als Schauspieler in einer täglich ausgestrahlten Telenovela. Und natürlich nicht zu vergessen seine im Nachgang zur DSDS-Zeit erfolgreich veröffentlichten und mit vielen Auszeichnungen überhäuften Pop- und Schlageralben.
Nun also wagt er, mit tatkräftiger Unterstützung der Konzertprofis von Sound of Music, den nächst-logischen Karriereschritt und geht als Solokünstler auf Tournee. Das Konzertprogramm bietet sowohl einen Querschnitt beliebter Musicals, in denen der Künstler zum Teil selbst auf der Bühne gestanden hat, als auch einige seiner ihm am Herzen liegenden Titel aus seinen Alben. Auch ein paar Filmhits sind in das sehr gut ausgetüftelte und daher interessante Programm eingebaut.
Als stimmgewaltige Gäste holt sich Alexander Klaws seine Lebensgefährtin, die immens talentierte Nadja Scheiwiller und den aktuell beliebtesten männlichen Musicaldarsteller im deutschsprachigen Raum, den Bariton Jan Ammann, mit ins musicalische Boot.
Bestens bewährte und hervorragende Musiker stehen den Sängern in der fast ausverkauften Filderstädter Filharmonie zur Seite: Die kongeniale Pianistin Marina Komissartchik, Matthias Plewka an den Percussions und Thomas Spies an den diversen Gitarren. Licht und Ton sind, wie bereits gewöhnt bei SoM-Konzerten, bestens.
Den Abend beginnt Alexander Klaws, sichtlich um sein Publikum bemüht und sympathisch-nervös, mit dem titelgebenden Song Dir gehört mein Herz, den er, zur Begeisterung seiner zahlreich anwesenden langjährigen Fans, clever textlich abändert in Euch gehört mein Herz, jetzt bin ich hier bei Euch. Damit hat er sofort das Eis gebrochen und wird fortan auf einer Sympathiewelle durch den Abend getragen. Etwas ungewohnt für die andere Hälfte des Publikums, erfahrene Musicalgänger und treue Konzertbesucher der SoM-Formate, sind die immer wieder lautstark eingestreuten, auch mitten in die Liedtitel hinein, spitzen Jubelschreie der offenbar meist jüngeren Anhängerinnen des Künstlers.
Es folgen zwei Titel aus den „3 Musketieren“, zu dem Duett Alles kommt Nadja Scheiwiller auf die Bühne und überzeugt sofort mit klarem Sopran und ihrer sehr liebenswerten Ausstrahlung.
Interessant dann zwei Titel, in denen der Interpret den unglückseligen habsburgischen Kronprinzen Rudolf aus zwei unterschiedlichen Musicals mimt: Im wunderbaren Wildhorn-Titel Wohin führt mein Weg hat man, obwohl sich Alexander Klaws in den Song regelrecht „hineinkniet“, immer noch den grandiosen Erstinterpreten (Drew Sarich) im Ohr. Jedoch im nachfolgenden mitreißenden Männer-Duett Die Schatten werden länger gibt es kein Halten mehr – was für eine exzellente Performance, an der Seite des keinen Widerspruch duldenden „Tod“ in Person von Jan Ammann, der mit seinem warmen und doch so kraftvollen Bariton und seiner zwingenden Bühnenpräsenz das Publikum wie gewohnt in die Sitze tackert. Bei diesem Titel hat man das Gefühl, dass der Knoten platzt und Alexander Klaws gelöst ab da richtig aufdreht, sehr zur Freude aller Anwesenden.
Anschließend wird die Seele verwöhnt mit zwei Taschentuch-Alarm-Titeln: Zuerst bezaubert Nadja Scheiwiller als unglücklich verliebte Eponine aus „Les Misérables“ mit Nur für mich. Und dann folgt eine außergewöhnliche Mid-Tempo-Version aus „Rebecca“, dort steht Jan Ammann noch bis Anfang Januar in Stuttgart auf der Bühne: Zeit in einer Flasche ist im Stück das erste große Solo der „Ich“. Umso bemerkenswerter, dass hier der amtierende Maxim de Winter diesen Titel singt – dies verdanken wir einem Faible von Andreas Luketa, dem Mastermind von Sound of Music, der nur zu gern Frauentitel leicht umarrangiert von Männern singen lässt. Dankeschön dafür! Wir haben es sehr genossen, was für ein zu Herzen gehendes Arrangement im Latino-Style, mit dezenten Conga-Beats, wunderbar interpretiert von Jan Ammann.
Es geht weiter mit Balladen aus Alexander Klaws‘ Karriere, im verzweifelten „Ghost“-Titel With You überzeugt Nadja Scheiwiller erneut restlos. Ebenso im Duett mit ihrem Herzenspartner bei der Queen-Hymne Who wants to live forever, hier ergänzen sich die beiden Stimmen ganz vorzüglich. Und dass auch die berühmte Chemie zwischen dem Paar stimmt ist für jedermann sicht- und hörbar und bedarf eigentlich nicht gesonderter Erwähnung – es ist einfach allerliebst, wie die beiden harmonieren.
Den Höhepunkt und zugleich Abschluss des ersten Teils bildet der ausführliche, aus fünf Liedern bestehende „Starlight Express“-Block. Mit einem netten Versprecher lädt uns Alexander Klaws zu diesem Showblock ein, wünscht „viel Erfolg“ anstelle von „viel Spaß“ :-))
Verzückt reagiert das Auditorium auf den aus dem Zuschauerraum auftauchenden „Greaseball“ Jan Ammann, der uns den maskulin-kraftstrotzenden Rock’n’Roller gibt. Höchst passend und mit augenzwinkernder Selbstironie („ich bin so schön!“) lässt er zum Refrain Pumping Iron seinen (aufgepumpten) beachtlichen Bizeps hüpfen, kreist die Hüften und nimmt Maß an der attraktiv-properen Pearl alias Nadja Scheiwiller – die geballte Testosteron-Streuwirkung bei dieser bleibt nicht aus… muss sie sich doch entscheiden zwischen dem extrovertierten Greaseball und dem bescheidenen Rusty in ihrem Solo Hilf mir verstehn. Wie wir ja alle wissen, macht letzteres Lok-Exemplar, Ego-gestärkt durch den Starlight Express, dann doch das Rennen bei ihr, und das melodische Liebesduett Du Allein läutet die Pause ein.
Mit gleich sechs Titeln aus dem allseits geliebten Kultmusical „Tanz der Vampire“ startet der zweite Konzertteil. Der naiv-verliebte Alfred war die erste große Musicalhauptrolle für Alexander Klaws und wir kommen dieserhalb in den Genuss eines anders als bislang gewohnt arrangierten, ausführlichen TdV-Blocks. Nadja Scheiwiller ist eine entzückende Sarah im weißen Kleidchen mit roter Stola und gleichfarbigen Schühchen. Nach Nie gesehn, dem Alfred/Sarah-Duett, dräut trommelwirbelnd „Sei bereit“ durch die Filharmonie. Der hypnotische Graf erscheint und verführt Sarah mit seiner donnernden Einladung zum Ball zu einer Reise auf den Flüüügeln der Nacht, hach, wir gruseln uns wohlig-wonnig-erschauernd! Alfred indes hat noch immer nix kapiert von wegen charismatischem Nebenbuhler und macht sich selbst Mut mit Für Sarah. Längst befindet sich diese in der unwiderstehlichen Anziehungskraft des krolockigen Grafen und kommt im Duett Totale Finsternis dessen spitzen Beißerchen bereits gefährlich nahe. Einen netten Gag bringt Alfred danach, als er immer noch um Sarah kämpft: Zuerst eingeschüchtert durch ein süffisantes „Buh“ hält er dann todesmutig dem Grafen Knoblauch unter die Nase, was dieser angewidert mit „Sch…“ kommentiert – und Alfred trotzig feststellt „na also, geht doch!“ Großes Gejohle im Publikum.
Das von allen dreistimmig intonierte treibende Tonight is what it feels to be young beendet diesen Block, der nach dem letztverklungenen Ton sofort alle Besucher ratzfatz auf die Füße holt, die einzigen Standing Ovations während des Programms übrigens. Was uns eine Ahnung davon vermittelt, wie unglaublich beliebt dieses unsterbliche Musical (mit den entsprechenden Hauptdarstellern…) doch ist.
Es geht weiter mit Filmmusiktiteln. Halt mich aus dem Film Zabou war sicher nur wenigen geläufig, das hat sich jetzt geändert – die melancholische Ballade scheint wie für Jan Ammann gemacht zu sein. Alexander Klaws steuert seinen Song Free like the wind aus dem Film „Held der Gladiatoren“ bei. Aus „Saturday Night Fever“ hören wir den Hit If I can’t have you, performt von Nadja Scheiwiller. Mit Immortality setzt Alexander Klaws einen Glanzpunkt in seiner Show, dieser Titel passt ganz wunderbar zu seiner Stimme.
Natürlich fehlt im Programm noch ein sehr wichtiger Karriereabschnitt von Alexander Klaws: „Tarzan“. Noch bis Mai 2013 verkörpert er in der Hamburger Neuen Flora den Dschungelhelden. Fünf Titel aus diesem Erfolgsstück mit der eingängigen Musik von Phil Collins bilden den Abschluss des Konzertabends. Auch Nadja Scheiwiller gehört zur Cast dieser Produktion und steht unter anderem als Jane-Cover gemeinsam mit Alexander Klaws tagtäglich auf der Bühne. Keine Frage, die beiden zaubern uns klanglich und darstellerisch den Urwald in die Filharmonie. Zwei Welten, Fremde wie ich und Auf einmal spannt den Bogen vom zufälligen Kennenlernen bis zum sich-ineinander-verlieben von Tarzan und Jane. Sehr berührend interpretiert Alexander Klaws zuerst solo und dann im Duett mit Nadja Scheiwiller Dir gehört mein Herz, das im Stück von Tarzans Affenmutter Kala gesungen wird und allabendlich die Musicalbesucher zu Tränen rührt.
Begeisterter Schlussapplaus. Und es gibt noch drei Zugaben für das stehend jubelnde Publikum – witzigerweise die DSDS-Ensemble-Nummer We have a Dream, das uns, wen wundert’s, von diesen drei Darstellern interpretiert doch gleich erheblich besser gefällt als die Urversion. Der Titel Danke zum Ende eines Konzerts sagt auch viel aus, gefolgt vom ersten Hit Alexander Klaws’, Take me Tonight, einer typischen Bohlen-Nummer. Der textsichere Teil des Publikums singt fröhlich mit.
Das Konzert ist eine runde Sache. Kleinere Befürchtungen im Vorfeld, das Programm könnte zu schlagerlastig werden, haben sich in Wohlgefallen aufgelöst, die Mischung ist optimal. Mit diesem Konzertformat wird Alexander Klaws sowohl seine treue Anhängerschaft begeistern als auch mit Sicherheit viele neue Fans dazugewinnen.
Hier die weiteren Tourneedaten:
14.12.2012 Hamburg, Theater Haus im Park
01.02.2013 Essen, Grillo Theater
02.02.2013 Berlin, Admiralspalast
(Silvia E. Loske), Dezember 2012
Hier geht’s zur Fotogalerie Fotocredit: Stephan Drewianka
Songlist
MUSIKTITEL | INTERPRET/-IN |
Teil 1 | |
Dir gehört mein Herz(Musical Tarzan) | Alexander Klaws |
Heut ist der Tag(Musical 3 Musketiere) | Alexander Klaws |
Alles(Musical 3 Musketiere) | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Rette mich | Alexander Klaws |
WIEN-BlockWohin führt mein Weg(Musical Rudolf – Affaire Mayerling) | Alexander Klaws |
Die Schatten werden länger(Musical Elisabeth) | Alexander Klaws & Jan Ammann |
Nur für mich(Musical Les Misérables) | Nadja Scheiwiller |
Zeit in einer Flasche(Musical Rebecca) | Jan Ammann |
ETERNAL LOVE-BlockZurück zu Dir | Alexander Klaws |
With You(Musical Ghost) | Nadja Scheiwiller & Alexander Klaws |
Someone to fall back on | Alexander Klaws |
Who wants to live forever(Musical We Will Rock You) | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
STARLIGHT EXPRESS-BLOCK Pumping Iron | Jan Ammann & Nadja Scheiwiller |
Liebesexpress | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Hilf mir verstehn | Nadja Scheiwiller |
Starlight Express | Alexander Klaws |
Du Allein | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Teil 2 | |
TANZ DER VAMPIRE-BlockHey, hey ho / Nie gesehn – Medley | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Einladung zum Ball | Jan Ammann |
Für Sarah | Alexander Klaws |
Totale Finsternis | Nadja Scheiwiller & Jan Ammann |
Draußen ist Freiheit – Reprise | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Tonight is what it means to be young | Cast |
Movie-BlockHalt mich (Zabou) | Jan Ammann |
Free like the wind(Held der Gladiatoren) | Alexander Klaws |
If I Can’t Have You(Saturday Night Fever) | Nadja Scheiwiller |
Immortality(Saturday Night Fever) | Alexander Klaws |
TARZAN-BlockZwei Welten | Alexander Klaws |
Dir gehört mein Herz | Alexander Klaws |
Fremde wie ich | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Auf Einmal | Nadja Scheiwiller & Alexander Klaws |
Dir gehört mein Herz (Reprise) | Alexander Klaws & Nadja Scheiwiller |
Zugaben | |
We have a dream | Cast |
Danke | Alexander Klaws |
Take me Tonight | Alexander Klaws |