TANZ DER VAMPIRE – Deutsches Theater München

tanz-der-vampire-neu Tourneeproduktion, München-Premiere am 6. Oktober 2016 im
Deutschen Theater München

Vampire nicht totzukriegen – die kultigen Blutsauger auf Station in München

Endlich lädt Graf von Krolock mitsamt seiner bleichen Entourage jahrhundertealter Vampire auch in München zum Tanz im legendären Ballsaal seines transsylvanischen Schlosses. In der Schwanthaler Straße krabbeln nun ein Vierteljahr lang allabendlich die nach Frischblut gierenden untoten Gesellen aus ihren Särgen und mischen das Deutsche Theater auf – und dies unter dem lauten Jubel des begeisterten Publikums und der von überall her anreisenden treuen Fan-Schar, viele davon in aufwändigst nachempfundener Maske und Kostümen ihres Lieblings-Musicals.

Das von Michael Kunze (Buch und Lyrics) und Jim Steinman (Partitur) kreierte und von Roman Polanski höchstpersönlich produzierte und von den Vereinigten Bühnen Wien im Raimund Theater uraufgeführte Musical feiert nächstes Jahr zwanzigjähriges Jubiläum. Und läuft ungebrochen erfolgreich in Europa und zieht die Musicalbesucher in Scharen an, die sich wohlig-schaurig mit einer Riesenportion Komik, Wortwitz, rasanten Choreographien, aufwändigem Bühnenbild, bombastischer Popmusik, großartigen Masken und Kostümen und schräg-kauzigen Charakteren köstlich unterhalten lassen. Bei diesem Stück wurde einfach alles richtig gemacht: Die Story ist witzig, die Musik reiht Hit an Hit und nistet sich sofort im Gehörgang ein, die skurrilen Figuren sind liebevoll ausgearbeitet, Bühne, Kostüme, Choreographie – alles fügt sich zu einem prächtigen Ganzen.

Die Story darf als bekannt vorausgesetzt werden, basierend auf dem ebenfalls zum Kult gewordenen, als Persiflage auf das Genre der Horror-Vampirmovies angelegten Kinofilm von Roman Polanski aus dem Jahr 1967 „The fearless Vampire Killers“.

Dies ist nun also eine Tourneeproduktion von Tanz der Vampire, nach einem halben Jahr im TdW Berlin residieren die bisswütigen Untoten jetzt im Deutschen Theater München. Natürlich fallen Abstriche beim Bühnenbild auf, insbesondere das Wirtshaus in den Karpaten, in welchem der kauzige Professor Abronsius und sein Gehilfe Alfred zu Beginn im Schneesturm landen, sieht doch etwas mehr nach Pappmaché aus, als das in den bislang gesehenen En Suite Produktionen des Stücks der Fall war. Die vielen fließenden Übergänge funktionieren jedoch bestens und die zahlreichen opulenten Szenen wie Nightmare, Gruft und der grandiose Mitternachtsball entschädigen dann wieder. Positiv zu vermelden ist die Soundaussteuerung, eine wirklich gute Balance zwischen Orchester und den Gesangsstimmen ist das Resultat. Die Lichtregie ist ebenfalls vorzüglich und zaubert insbesondere beim Finale 1 sehr stimmungsvolle Farbmomente.

Beim Casting für die Tour setzte man auf komplett neue, unverbrauchte Darsteller. Mit Ausnahme der Besetzung des Grafen – hier ist man gut beraten gewesen, auf versierte Künstler mit großen Namen zurückzugreifen, denn um diese zentrale Rolle des mächtigen und doch melancholichen Grafen von Krolock, der zu einer unvergesslichen Reise auf den Flügeln der Nacht einlädt, dreht sich im Endeffekt doch alles. Die höchst charismatische Rolle des adligen Vampirchefs teilen sich in München Thomas Borchert (5.10. bis 19.11.) und Jan Ammann (20.11.16 bis 15.1.17). Beide Künstler haben bereits jahrelang diese Rolle sehr erfolgreich verkörpert, sind großgewachsen und verfügen über die erforderliche baritonale Stimmgewalt und zwingende Bühnenpräsenz.

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Thomas Borchert, Foto Copyright Stage Entertainment

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Jan Ammann, Foto Copyright Musical Reviews

Thomas Borchert also war in der Premiere zu sehen. Und er machte seine Sache ganz hervorragend. Da sitzt jede Geste, seine Haltung ist erhaben-aristokratisch, sein Sehnen nach der jungfräulichen Sarah fühlbar. Und stimmlich ist es ein Genuss, seine Grafen-Arien erleben zu dürfen. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewältigt er die rockig-donnernden Parts bei z.B. der Einladung zum Ball genauso gut wie den bravourös lang gehaltenen Schlussakkkord beim Finale 1 Vor dem Schloss und die filigran-verzweifelten Stellen in seinem großen Solo Die unstillbare Gier. Bravo!

Ihm zur Seite ist in der Rolle der naiven Sarah die Italienerin Veronica Appeddu zu erleben. Mit der erforderlichen püppchenhaften Statur ausgestattet passt sie optisch ideal. Stimmlich und schauspielerisch setzt sie keine nennenswerten Akzente, die einen nachhaltig beeindrucken, da gab es schon bessere Sarahs. Gleiches trifft auf den Alfred zu, der vom jungen Holländer Tom van der Ven verkörpert wird. Er wirkt etwas hölzern und blutleer, wenngleich er sein Solo Für Sarah ordentlich über die Rampe bringt.

Der Professor jedoch, Victor Petersen, ist in jeder Hinsicht großartig. Für seinen Wahrheit-Song räumt er verdienten Szenenapplaus ab und in der Gruft ist er einfach nur hochgradig amüsant, wie er meuternd „abhängt“ und dabei seinen ungeschickten Gehilfen in den höchsten Tönen maßregelt.

Weiterhin überzeugt Milan van Waardenburg als schwuler Grafensohn Herbert, auch er hat das Publikum – „hapüüühhh!!“ – hüftenkreisend und mit toller Stimme ausgestattet sofort in der Tasche.

In den weiteren Nebenrollen agieren die Darsteller der Charaktere Chagal, Koukol und Rebecca rollendeckend. Die Magda ist bei Merel Zeeman gut aufgehoben.

Eine Entdeckung bei den Tanzsolisten ist Máté Gyenei als Black Vampire. Wunderbar geschmeidig, elegant und gleichzeitig arrogant-erotisch ist er eine Augenweide bei Carpe Noctem und bei den Roten Stiefeln wirbelt er seine Tanzpartnerin Alessandra Bizzarri in atemberaubender Weise herum – da würde man gern noch länger zuschauen und bedauert das gefühlte viel zu schnelle Ende der genannten Szenen.

Überhaupt ist das gesamte Tanzensemble großartig, die Synchronität bei der fulminanten Schluss-Szene Es laden die Vampire zum Tanz ist nahezu perfekt und voll mitreißender Energie.

Leider kann ähnliches von den Gesangssolisten nicht vermeldet werden. Beide männlichen Nightmare-Solisten sind Totalausfälle am Premierenabend und versemmeln hörbar die hohen Töne, die Ladies machen ihre Sache da sehr viel besser.

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Foto Copyright Stage Entertainment

Als Fazit ist diese Tanz der Vampire Inszenierung unbedingt sehenswert und verdient Respekt für den enormen Aufwand, der hinter dieser Tour-Produktion steckt. Alles andere als ein Riesenerfolg mit vollem Haus wäre eine große Überraschung – es sieht alles danach aus, dass die unverwüstlichen Untoten auch das Münchner Publikum im Sturm erobern und beissfreudig aussaugen werden. Wenn am Ende alle Vampire in schwarzglänzendem knappen Outfit die Bühne bevölkern und zu Dennis Callahans grandioser Originalchoreographie zum Tanz der wilden Herzen so richtig abrocken, dann hält es niemanden mehr im Saal auf den Sitzen.

Tanz der Vampire läuft noch bis zum 15. Januar 2017. Informationen zum Stück, Spieltermine und Tickets unter
www.deutsches-theater.de

Hier gibt es den Trailer dazu:
https://youtu.be/n-kivXQQ8rw

 (Silvia E. Loske, Oktober 2016)

 Das Deutsche Theater München veranstaltet eine Produktion von Stage Entertainment in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Bühnen Wien.
Musical von Michael Kunze (Buch und Lyrics), Jim Steinman (Musik), Roman Polanski (Produktion und Direktion)

Arrangements und Musical Supervision

Michael Reed

Inszenierung und Regie

Cornelius Baltus

Bühnenbild und Videoprojektionen

William Dudley

Kostüme und Make-Up

Sue Blane

Choreographie

Dennis Callahan

Light-Design

Hugh Vanstone

Sound-Design

Thomas Strebel

Darsteller:

Graf von Krolock

Thomas Borchert / Jan Ammann

Sarah

Veronic Appeddu

Professor Abronsius

Victor Petersen

Alfred

Tom van der Ven

Chagal

Nicolas Tenerani

Magda

Merel Zeeman

Herbert

Milan van Waardenburg

Koukol

Paolo Bianca

Rebecca

Yvonne Köstler

Tanzsolisten: Alessandra Bizzarri, Máté Gyenei, Kevin Schmid
Ensemble: Sander van Wissen, Kirill Zolygin, Fleur Alders, Katie Allday, Torsten Ankert, Michael Anzalone, Sanne Buskermolen, Andrew Chadwick, Vicki Douglas, Veronika Enders, Astrid Gollob, Samantha Harris-Hughes, Pascal Höwing, Kevin Hudson, Alex Hyne, Karolin Konert, Marina Maniglio, Stefan Mosonyi, Joe Nolan, Nicole Ollio, Nicola Trazzi, Anja Wendzel, Noah Wili

10-köpfiges Orchester unter Leitung von Leif Klinkhardt