MUT Wettbewerb 2015 (Wettbewerb für Musikalisches Unterhaltungstheater)
Halbfinale am 4. und Finale am 6. Juni im Prinzregententheater, München
Gute Nachwuchskünstler braucht das Land – und dies insbesondere im Musiktheaterbereich. Dieses Statement kann jeder, der das Genre Musical, Operette, Chanson liebt, nur unterstreichen.
Josef E. Köpplinger, umtriebiger Staatsintendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz mit einem Händchen für junge Rohdiamanten, die er gern in seinen Erfolgsproduktionen einsetzt, hatte bereits vor seinem (bis dato höchst erfolgreichen) Wirken am Münchner 4-Sparten-Traditionstheater dieses Wettbewerbsformat im Jahre 2009 am Stadttheater Klagenfurt initiiert.
Josef E. Köpplinger, Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Ausgeschrieben war der Wettbewerb europaweit und richtete sich sowohl an klassisch ausgebildete Sänger mit einer Affinität für das Musicalgenre, an Musicaldarsteller mit einer Vorliebe für die Operette als auch an Chanson-Interpreten mit Hang zum szenischen Spiel.
Voraussetzung für eine Bewerbung der Nachwuchstalente war, dass sie zwischen 18 und 27 Jahre alt sind und ihre Ausbildung in einer staatlich anerkannten Ausbildungsstätte absolvierten oder noch immer durchführen.
Überaus charmant und zum Amüsement des Publikums mit viel Wiener Schmäh und Spontaneität moderierte der aus den Einführungsmatinéen des Gärtnerplatztheaters bestens bekannte Musiktheaterexperte Christoph Wagner-Trenkwitz.
Zu gewinnen gab es reichlich für die Jungtalente: In erster Linie natürlich im Sammeln von weiteren Erfahrungen vor Publikum und in der Möglichkeit, bei den interessierten Anwesenden auf sich aufmerksam zu machen. Jedoch auch im monetären Bereich gab es Anreize dafür, sich tüchtig ins Zeug zu legen: Der erste Platz war mit 3.000 € dotiert, der zweite Platz mit 2.000 € und der dritte Platz mit 1.000 €. Zusätzlich zu diesen von der Jury ausgelobten Preisen gab es noch einen Publikumspreis über 1.000 Euro – in der Pause konnten die Besucher mittels zuvor verteilter Finalistenübersicht ihr Kreuzchen bei ihrem Favoriten machen – und einen Medienpreis in Höhe von 1.000 Euro.
Die international besetzte Jury bestand aus namhaften Kreativen der Musiktheaterszene, nämlich:
Josef E. Köpplinger: Vorsitzender der Jury, Staatsintendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Regisseur
Philip Bröking: Operndirektor der Komischen Oper, Berlin
Adam Cooper: West End Choreograph, Regisseur, Darsteller
John Owen-Edwards: West End Dirigent
Sigrid Hauser: Sängerin, Schauspielerin, Kabarettistin (nur beim Finale am 6.6.)
Thomas Hermanns: TV-Moderator, Entertainer, Produzent, Autor und Regisseur
Peter Lund: Regisseur, Autor, Dozent
Michael Otto: Chefdramaturg des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Werner Signer: Geschäftsführender Direktor des Theaters St. Gallen
Markus Spiegel: Musikproduzent und Medienberater
Die zwölf überzeugendsten KandidatInnen, die es aus den über 100 Kandidaten durch die Vorauswahlen in Berlin, Wien und München ins Halbfinale geschafft haben, präsentierten sich mit zwei Liedern, die in den meisten Fällen aus einem Musicaltitel und einem ziemlich anspruchsvollen Liedgut, z. B. von Weill, bestanden sowie einem Monolog, in welchem natürlich das Schauspieltalent dargeboten werden musste.
Im Halbfinale sah und hörte man diese Zwölf:
Jil Clesse, 25, Luxemburg; Anja Haeseli, 27, Schweiz; Juliette Khalil, 24, Österreich; Karolin Kohnert, 26, Deutschland; Sandra Leitner, 19, Deutschland; Theo Rüster, 24, Deutschland; Laura Schneiderhan, 25, Österreich; Florenine Schumacher, 21, Deutschland; Teresa Tièschky, 27, Deutschland; Dalma Viczina, 25, Ungarn; Dennis Weißert, 22, Deutschland; Antonia Welke, 25, Deutschland.
Zu lachen gab es einiges, denn gleich mehrere KandidatInnen setzten auf Komik. Das war sehr unterhaltsam, jedoch kam es – da es ja ein Gesangswettbewerb ist – in erster Linie auf Stimme an.
Während beim Halbfinale am Donnerstag bei dreien der Teilnehmer – obwohl sie auch sehr unterhaltsam waren – noch Unterschiede im Bereich der künstlerischen Entwicklung im Vergleich mit den anderen neun Talenten erkennbar waren, so waren am Finalabend alle sechs FinalistInnen auf sehr hohem Niveau.
Am Finalabend wurde das Publikum, das wie beim Halbfinale auch (leider nur) zum Großteil aus Angehörigen, Freunden und Kollegen der Nachwuchskünstler bestand, von dem Sondheim-Titel Invocations and Instructions to the Audience (auf deutsch) aus dem Stück „The Frogs“ begrüßt.
Große Anerkennung gilt Jeff Frohner, der beim Halbfinale noch das Talent-Dutzend als einziger Musiker am Flügel begleitete. Nachdem die Jury von den zwölf Talenten dann die Auswahl der für das Finale qualifizierten sechs Künstler(innen) bekanntgab, erläuterte Christoph Wagner-Trenkwitz, dass am folgenden Freitag Jeff Frohner die Programme der Finalisten arrangieren und dies alles dann mit der sechsköpfigen Band einstudieren werde – viel Arbeit!
Die sechs Finalisten bei der Entscheidung
Wie so oft auch bei Auditions, war auch beim Finale bei all der erfreulich professionellen Qualität die Programmzusammenstellung letzten Endes mit ausschlaggebend. Der einzige männliche Teilnehmer im Feld der verbliebenen sechs, Theo Rüster, galt noch nach dem Halbfinale als heimlicher Favorit, weil sein bereits bestens ausgebildeter Opernbariton ziemlich beeindruckte. Für den Finalabend wählte er aus der Operette „Im weißen Rössl“ den Monolog des Zahlkellners Leopold – jedoch verfügte er nicht über den erforderlichen österreichischen Dialekt – und brachte in einem der beiden Lieder aus dem gleichen Stück Es muss was Wunderbares sein, von Dir geliebt zu werden zu Gehör. Eine nette Nummer mit hohem Wiedererkennungswert. Aber da dies ja doch eher ein Schlager ist, konnte er nicht seinen großartigen Stimmumfang einsetzen. Gleiches passierte bei seinem zweiten Songtitel aus dem Musical „Shrek“, auch dieser Titel war nicht dazu angetan, Jury und Publikum überzeugend auf seine Seite zu ziehen. Seine Programmwahl kostete ihn letzten Endes den Sieg, Theo Rüster belegte den dritten Platz.
Im Gegensatz dazu die Finalistinnen Laura Schneiderhan aus Wien (großartig: Vielleicht mag ich es so aus dem Andrew Lippa Musical „The Wild Party“ – Laura Schneiderhan belegte den zweiten Platz) und Karolin Konert aus Deutschland: Diese beiden überzeugten rundum mit ihren ausgewählten Programmen und wurden in der Pause unisono – egal, wohin man hörte – als Favoritinnen gehandelt.
Laura Schneiderhan, Zweitplatzierte
Karolin Konert war letztlich die hochverdiente Gewinnerin. Noch am Donnerstag im Halbfinale war sie zwar sehr gut, doch als Favoritin hatte man sie nicht auf dem Zettel. Beim Finale jedoch hat sie alles richtig gemacht, perfekte Programmauswahl, Performance auf den Punkt abgerufen. Sie präsentierte Victor Herbert’s Die Kunst ruft nach mir aus der Opera Comique „The Enchantress“ , den Monolog der Jill aus „Goodbye Charles“ und dann noch von Scott Allen den Titel Behind these Walls. Unabhängig von ihren über jeden Zweifel erhabenen Gesangskünsten erheiterte Karolin Konert in ihrem Monolog, der damit begann, dass sie ihrem abtrünnigen Charles erklärte, dass er die Scheidung vergessen könne – sie habe nämlich soeben die Scheidungspapiere aufgegessen… „mit Ketchup“!! 🙂
Dies alles präsentierte sie so überzeugend, dass die 26-jährige Künstlerin alle drei Preise abräumte: Den Publikumspreis, den Medienpreis und den Jurypreis. Gratulation!
Der Moment der Freude: Karolin Konert gewinnt!
Um als Fazit nochmals auf den Eingangssatz dieser Zusammenfassung zurückzukommen „Gute Nachwuchskünstler braucht das Land“: Nach den im Halbfinale und vor allem im Finale des MUT Wettbewerbs gezeigten Leistungen der hochtalentierten KandidatInnen ist mir nicht bange, dass diese Wunschvorstellung umgesetzt wird. Mit solch begabten KünstlerInnen, die ganz offensichtlich für ihren Beruf brennen, kann man beruhigt auch künftig im deutschsprachigen Musiktheaterbereich hochklassige Unterhaltung und berührende Momente im Theater erwarten.
Karolin Kohnert. Erfolg auf der ganzen Linie, Gratulation!
Für das Jahr 2016 ist eine Fortführung von MUT bereits in Planung. Dann geht es um einen Autorenwettbewerb.
Silvia E. Loske, Juni 2015