Deutsche Erstaufführung 15.11.2014 im English Theatre Frankfurt am Main
Publikum feiert höchst gelungene Deutschland-Premiere
Der überaus erfolgreiche Kinofilm „Ghost – Nachricht von Sam“ aus dem Jahre 1990 wird vielen noch in Erinnerung sein. Demi Moore und der leider viel zu früh verstorbene Patrick Swayze waren in den Hauptrollen zu sehen, Whoopie Goldberg als verschroben-skurrile Oda Mae gewann einen Golden Globe und den Oscar als beste Nebendarstellerin, einen weiteren Oscar gab es für das beste Originaldrehbuch.
Es war also nur eine Frage der Zeit, bis der Stoff als Musical auf die Bühne kam – dies war dann 2011 in Manchester als Weltpremiere der Fall, ein Jahr später kam das Stück dann an den Broadway. Dave Stewart, kreativer Kopf des Popduos „Eurythmics“, kreierte die Musik und die Liedtexte. Konnte also fast nichts mehr schiefgehen.
Seit 2013 geisterten Gerüchte durch die deutschsprachige Musicalszene, dass das international vielbesprochene Stück in einem der zahlreichen Musicaltheater des Großproduzenten Stage Entertainment aufgeführt würde. Nun – Surprise!
Nach einer kleinen Pressekonferenz im Mai dieses Jahres gab es viele überraschte Gesichter in der Branche: Das im Vergleich zu großen Musicaltheatern mit 300 Sitzplätzen recht kleine English Theatre in Frankfurt gab bekannt, ab 15. November 2014 eine eigene Inszenierung des in Deutschland langerwarteten Musicals „Ghost – Nachricht von Sam“ zu spielen.
Und nach der vielumjubelten Premiere kann man mit Fug und Recht sagen: Gut so! Was für eine hervorragende Inszenierung – die im Vergleich zu Musicalmogulen natürlich kleinere Bühne ist mit enorm viel Detailliebe ausgestattet und wird von einer grandiosen Cast (Darsteller vom West End, englischsprachige Inszenierung) bespielt.
Die Handlung
Im Leben von Molly Jensen und Sam Wheat ist eigentlich alles perfekt. Sie ist Künstlerin, er ein erfolgreicher Banker. Das Paar bezieht die erste gemeinsame Wohnung im New Yorker Stadtteil Manhattan. Auf dem Heimweg von einem romantischen Abendessen wird das junge Paar auf offener Strasse überfallen.
Beim Kampf um seine Geldbörse wird Sam tödlich verletzt und stirbt. Es dauert einen Moment, bis Sam dies realisiert, denn er kann weiter alles hören und sehen. Offenbar war es noch nicht seine Zeit, zu gehen. Den Kontakt zu der unendlich trauernden Molly kann er jedoch nicht herstellen. Dies ist jedoch bitter nötig, da Sam herausfindet, dass der Überfall kein Zufall war und Molly in höchster Gefahr schwebt.
Sein Kollege und Freund Carl Brunner hat den Überfall geplant und dafür den Kleinkriminellen Willie Lopez beauftragt. Ziel ist es, an die Passwörter in Sams Geldbörse zu gelangen. Diese benötigt Carl dringend, um illegale Geschäfte in Millionenhöhe zu vertuschen.
Gefangen zwischen den Welten wandert Sam umher und gelangt zufällig in das Geschäft der Wahrsagerin und Geisterbeschwörerin Oda Mae Brown. Oda Mae ist ein Medium und kann Sam hören. Er geht ihr so lange auf die Nerven, bis sie bereit ist, ihm zu helfen und Kontakt zu Molly aufzunehmen. Mit Hilfe eines anderen Geists erlernt Sam die Fähigkeit, Dinge zu bewegen. Nach langer Überzeugsarbeit gelingt es Oda Mae, die trauernde Molly zu überzeugen, dass Sam noch existiert und mit ihr kommuniziert.
Sam schafft es gemeinsam mit Oda Mea, die Gelder der Konten in Carls Zugriff verschwinden zu lassen. Nachdem Carl feststellen muss, dass die Gelder verschwunden sind, ist er gemeinsam mit Willie hinter Oda Mae her. Sam versucht sie zu verteidigen und bewegt dabei Gestände. Dies versetzt Willie in Panik und er läuft vor ein Auto und wird überfahren. Dunkle Schatten holen seine Seele. Sam eilt weiter und erreicht gemeinsam mit Oda Mae die Wohnung von Molly. Er versetzt sich in Oda Maes Körper und tanzt mit Molly. In diesem Moment erscheint Carl und bedroht die beiden Frauen. Es kommt zum Kampf zwischen Sam und Carl. Hierbei verliert auch Carl sein Leben und wird ebenfalls von den dunklen Schatten geholt.
Für einen kurzen Moment erscheint ein helles Licht – Molly und Oda Mae können Sam sehen. Allen wird klar, dass er seine Aufgabe nun erfüllt hat und endgültig gehen muss. Molly und Sam verabschieden sich zärtlich und Sam verschwindet in den Himmel.
Das Bühnenbild ist aufwendig gestaltet und geht über zwei Ebenen. Es gibt verschiebbare Wände und Vorhänge, die als Projektionsleinwände dienen. So können variabel viele Orte gezeigt und schnell die Schauplätze gewechselt werden. In einem Moment ist man in Mollys Wohnung, dann in einer U-Bahn Station, einem Bankbüro, dem Geschäft von Oda Mae, usw. Alle Schauplätze sind mit viel Liebe zum Detail aufgebaut. Der Zuschauer ist sofort in der jeweiligen Szene. Man hat tatsächlich das Gefühl, dass U-Bahnen durchrauschen oder man in einem Hinterhof in Brooklyn steht.
Durch geschicktes Einsetzen der Spezialeffekte (die bewusst nicht verraten werden) gelingt es, das Publikum in Staunen zu versetzten, dabei jedoch die Story immer im Vordergrund zu behalten.
Die Partitur von Dave Stewart ist eine gelungene Mischung aus teils mit Elektropop versetzten Up-Tempo-Nummern, schwungvollen Ensemblenummern und gefühlvollen Balladen. Einige Songs haben Ohrwurmpotenzial, insbesondere seien hier Here Right Now und With You zu erwähnen, Nicht fehlen darf natürlich auch der schon ältere Hit-Track Unchained Melody, der hier klug eingebaut ist und somit nicht zwangsläufig zum Titellied des Musicals wird.
Die 8-köpfige Band liefert erstklassige Arbeit, ebenso ist die Soundaussteuerung sehr geglückt, Songtexte sowie Dialoge sind sehr gut verständlich.
Das Lichtdesign ist perfekt, auch Szenen, die im Dunkeln spielen, sind gut erkennbar, ebenso ist die Geisterwelt inklusive des toten Sam jederzeit durch ausgeklügelte Ausleuchtung geschickt von der „realen Welt“ zu unterscheiden. Gute Projektionen und Anzeigen auf Laufbändern unterstützen das Geschehen optimal.
Die zentralen Figuren im Stück sind Sam und Molly. Beide werden sehr überzeugend von John Addison und Hannah Grover dargestellt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach und somit kommen die vielen gefühlvollen Szenen authentisch über die Rampe. Einer der Höhepunkte ist natürlich die bekannte Töpferszene, bei der das Paar herzzerreissend harmoniert.
Neben den gesanglichen Fähigkeiten weiß der junge Engländer John Addison durch engagierten Körpereinsatz zu beeindrucken, sei es bei Verfolgungsjagden oder Kampfszenen mit sichtbaren sowie unsichtbaren Gegnern. Hannah Grover hinterlässt mit ihrer gefühlvollen Interpretation der Ballade With you einen starken Eindruck zum Ende des ersten Aktes.
Zum Star der Show entpuppt sich Claudia Kariuki in der Rolle der Oda Mae Brown.Im zweiten Akt läuft sie zu Höchstform auf und bringt die für diese Rolle nötige Power mit großartiger Soulröhre problemlos auf die Bühne. Dazu gelingt es ihr, mit vielen kleinen Gesten und schrulliger Komik das Publikum mitzureißen und sich manchen Szenenapplaus zu erspielen.
Einen schwierigen Part hat Aaron Sidwell als Carl Brunner zu bewältigen. Zum einen muss er den guten Freund darstellen, zum anderen den hinterhältigen Banker. Seine Interaktion mit dem unsichtbaren Sam wirkt echt, die Bewegungen sitzen bis ins kleinste Detail. Gesanglich kommt seiner Rolle leider keine große Bedeutung bei, man merkt jedoch in seinen wenigen Gesangsparts, über welch gute Stimme der Künstler verfügt.
Alle weiteren Rollen sind ebenfalls mit durchweg sehr guten Darstellern besetzt. Das 12-köpfige Ensemble wirkt sehr gut eingespielt und homogen.
Fazit: Ein Stück, das man sich nicht entgehen lassen sollte! „Ghost – Nachricht von Sam“ läuft im English Theatre noch bis zum 29.03.2015.
Tickets und weitere Informationen unter
http://www.english-theatre.de/ghost-the-musical/
pk, November 2014
Hier geht’s zur Fotogalerie (Schlussapplaus, Copyright Musical Reviews)
Buch und Dialoge | Bruce Joel Rubin |
Musik und Gesangstexte | Dave Stewart und Glen Ballard |
Regie | Adam Penford |
Musical Staging | Lee Proud |
Musical Director, London | Tom Attwood |
Musical Director, Frankfurt | Ralph Abelein und Stephan Ohm |
Bühnenbild
Choreographie |
Tim McQuillen
Lee Proud |
Kostümbild | Sabrina Cuniberto |
Licht | Matt Daw |
Ton | Stephan Weber und Max Pappeheim |
Video und Projektionen | Duncan McLean |
Darsteller: | (in alphabetischer Reihenfolge) |
Sam Wheat | John Addison |
Minister | David Allwood |
Hospital Ghost | Jonathan Bourne |
Orthisha | Katrina Dix |
Louise | Hannah Fairclough |
Molly Jensen | Hannah Grover |
Clara | Raquel Jones |
Oda Mae Brown | Claudia Kariuki |
Subway Ghost | Fergal McGoff |
Willie Lopez | Marios Nicolaides |
Carl Brunner | Aaron Sidwell |
Mrs. Santiago | Biancha Szynal |
Es spielt das Orchester unter der Leitung von Ralph Abelein und Stefan Ohm |