Fabelhaft, Baby …
…so heißt ein Song aus „Sister Act“, und genau das konnte man ohne Einschränkung wirklich allen Darstellern, nicht nur der phantastischen Zodwa Selele, nach der gelungenen Premiere des glamourösen Musicals in Oberhausen zurufen!
Zodwa Selele spielt die Rolle der Nachtclubsängerin Deloris van Cartier, die zum Schutz vor ihrem Freund Curtis Jackson, einem Gangster, den sie zufällig bei der Ermordung eines Bandenmitglieds beobachtet hat, in einem Kloster versteckt wird, mit einer enormen Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und einem gehörigen Schuss Sexappeal.
Sie bringt eine Truppe gottergebener, zurückhaltender Nonnen mit lockeren Sprüchen in Schwung und macht so ganz nebenbei aus dem grottenschlecht harmonierenden Nonnenchor eine erstklassig klingende bühnenreife Gesangstruppe.
Zodwa Selele hat sich in der Rolle, die sie auch schon in Hamburg und Stuttgart gespielt hat, in Oberhausen nochmals gesteigert und zeige in der Premiere wunderbare Präsenz.
Ein klein wenig stören zwar einige recht platte Gags den ansonsten recht flüssigen Ablauf der Show. Genau in diesen Momenten merkt man der Hauptdarstellerin auch manchmal an, dass ihr dann die Identifikation mit der Figur der Deloris kurz entgleitet. Aber das sind Kleinigkeiten, die, zumal sie nicht für die Texte verantwortlich ist, ihre hervorragende Leistung in keiner Weise schmälern und die man schnell wieder vergisst.
Es macht ganz offensichtlich allen Darstellern, egal ob jungem Musicalnachwuchs oder „altem Hase“ wahnsinnig viel Spaß, die Show immer weiter ihrem fulminanten Höhepunkt entgegen zu treiben.
Es fällt schwer, über Zodwa Selele hinaus einzelne Darsteller besonders hervorzuheben, da wirklich alle Rollen erstklassig besetzt sind.
Gudrun Schade als Mutter Oberin verkörpert diese in Schauspiel und Gesang, als ob man sie gerade vom Fleck weg aus einer Führungsrolle in einem Kloster engagiert hätte.
Mischa Mang als Gangsterboss Curtis Jackson kann man Ähnliches bescheinigen, nur dass die Führungsrolle aus einem ganz anderen Metier stammt. Manchmal allerdings bedauert man Curtis auch ein wenig, da er es mit seinen Bandenmitgliedern Joey (Benjamin Eberling), TJ (Fehmi Göklü) und Pablo (Terry Alfaro) nicht immer einfach hat. Gerade deshalb macht es aber gewaltigen Spaß, dieser Gangstertruppe zuzusehen und zuzuhören.
Mathieu Boldron als Polizist Eddie Fritzinger und ehemaliger Schulfreund von Deloris zeigt ebenfalls schauspielerisch und gesanglich eine gute Leistung, nur bei den Dialogszenen stört sein immer noch sehr starker französischer Akzent etwas. Zum Schluss des Stücks macht dieser eigentlich ganz unscheinbar scheinende Polizist zwei wahrlich große Fänge, mit denen er wohl selbst nicht gerechnet hat. Zum einen macht er den Gangsterboss Curtis mit einem gezielten Pistolenschuss kampfunfähig, und zum zweiten ist da Deloris, die er nun endgültig für sich eingenommen hat.
Nicht unerwähnt bleiben darf die im Verlauf des Stücks immer fetziger auftretende Nonnenschar. Herausragend sind hier Abla Alaoui als Schwester Mary Robert, die zum Schluss des Stücks die „Fimi“-Stiefel der Deloris unter ihrem Nonnenkostüm trägt, als habe sie solche Stiefel schon immer getragen, sowie Sonja Atlas als stimmgewaltige Schwester Mary Patrick und Verena Plangger als rappende Schwester Mary Lazarus. Alle drei sind herausragend an dem Song Meine Offenbarung beteiligt und man kann sie alle drei künstlerisch auch als eine solche bezeichnen.
Der übrige Teil des Nonnenchors macht seine Sache ebenfalls erstklassig, soviel Bewegung, die selbst unter den Nonnenröcken sexy aussieht, kombiniert mit tollem Gesang, ist einfach umwerfend. Besonderes Augenmerk sollte man auf zwei Ensemblemitglieder haben: da ist einmal Sonja Hermann (die Doris aus „Ich will Spaß“) als Schwester Mary Nirwana und zum zweiten Julia Lißel (u. a. bekannt als Ulla in „Kein Pardon“ und Amneris in „Aida“); beide wird man in diesem Stück sicher nicht immer nur im Ensemble sehen.
Viel Glitzer bei den Kostümen und dem zum Teil pompösen Bühnenbild lassen hin und wieder vergessen, dass es sich um eine Geschichte handelt, die überwiegend in einem Kloster spielt. Aber gerade dieser mit fortschreitender Handlung immer stärker auf der Bühne eingesetzte Glitzer und Pomp bringt ebenso wie die fetzigen Chorsongs hinreißend zum Ausdruck, dass hier, trotz anfänglicher Skepsis aller Charaktere, Menschen aus völlig unterschiedlichen Lebensbereichen durch gemeinsame Erlebnisse Freunde geworden sind und darüber überschäumende Freude empfinden. Diese Freundschaft erreicht ihren Höhepunkt im selbstlosen Angebot der Nonnen, allen voran der Mutter Oberin, ihr eigenes Leben für die ehemalige Nachtclubsängerin zu riskieren.
Die von Alan Menken komponierte Musik ist zwar nicht der absolute Höhepunkt des musikalischen Schaffens dieses Künstlers und geht einem vielleicht auch nicht sofort in Fleisch und Blut über. Die mit Elementen aus der Soul-, Gospel- und Discomusik angereichterten Songs haben aber viel Pfeffer und insbesondere die Chorstücke sind wirklich mitreißend.
Echte Ohrwürmer fehlen, aber einige der Stücke bleiben doch eine Weile im Gedächtnis. Dazu gehören zum Beispiel das Stück Zeig mir den Himmel von Zodwa Selele und dem Chor der Nonnen sowie der urkomische Song Ich mach sie kalt von dem hervorragend agierenden Mischa Mang.
Alles in allem war es eine sehr gelungene Premiere, die Lust auf einen erneuten Besuch der Show gemacht hat. So sah das auch das Premierenpublikum, das die Cast mit Standing Ovations feierte und um eine Zugabe bat.
Einfach Fabelhaft, Baby!
(Fotos und Text von J. Vallerien und D. Kirchhoff, Dezember 2013)
Buch | Cheri & Bill Steinkellner, deutsch von Ruthy Deny |
Musik | Alan Menken |
Co-Produktion | Whoopie Goldberg |
Liedtexte, deutsche Übersetzung | Heiko Wohlgemuth und Kevin Schroeder |
Musikalische Supervision | Michael Kosarin |
Regie | Carline Brouwer |
Choreographie | Anthony Van Laast |
Bühnenbild | Klara Zieglerova |
Kostüme | Lez Brotherston |
Tondesign | Mick Potter |
Darsteller: | |
Deloris van Cartier | Zodwa Selele |
Mutter Oberin | Gudrun Schade |
Curtis Jackson | Mischa Mang |
Eddie Fritzinger | Mathieu Boldron |
Schwester Mary Robert | Abla Alaoui |
Schwester Mary Patrick | Sonja Atlas |
Schwester Mary Lazarus | Verena Plangger |
Joey | Benjamin Eberling |
TJ | Fehmi Göklü |
Pablo | Terry Alfrao |
Monsignore O’Hara | Armin Dillenberger |