Anrührende und bewegende Momente mit vier großartigen Stimmen

Zur Premiere des neuen Konzertformats im Rahmen von Sound of Music Concerts am 21. Janaur 2012 in Neu-Isenburg erläutert Andreas Luketa, der kreative Kopf und Veranstalter, dass bei dieser Konzertreihe die Stimmen der Protagonisten im Vordergrund stehen sollen. Aber sehr gerne – deuten doch schon die Namen der vier Musicalstars, die das Format tragen, darauf hin, dass den Zuschauer und -hörer immense Stimmgewalt erwartet. Und die Erwartungen werden nicht nur erfüllt, sondern weit übertroffen.

Jan Ammann, Andreas Bieber, Carin Filipčić und Katja Berg (als Special Guest) sind die seit vielen Jahren im Musical Business fest etablierten und erfolgreichen Pfeiler der Show. Begleitet wird das Quartett von der fulminanten Marina Komissartchik am Flügel, Matthias Plewka an den Drums und Hannes Kühn an der Gitarre.

Besucht wurden von der Autorin die Konzerte in der Hugenottenhalle Neu-Isenburg (Premiere, 21. Januar 2012) und der bislang atmosphärische Höhepunkt der Konzertreihe in der Filharmonie Filderstadt am 3. Februar 2012.

Die Lichtgestaltung beschränkt sich auf dezentes Nebelgewaber mit viel Rot, was als Hintergrund zwar stimmig ist, beim ersten Konzert zuweilen jedoch zu leicht irritierendem Pumuckl-Farbton der Haupthaare der Akteure führte, im Konzert Filderstadt war dies dann sehr viel optimaler.  Der Sound war exakt passend im Verhältnis von Musik zu Stimmen ausgesteuert. Die Hugenottenhalle in Neu-Isenburg war leider nur zu ca. zwei Dritteln besetzt, wohingegen die Filharmonie Filderstadt ausverkauft war. Die Stimmung in der letztgenannten Location war dann auch entsprechend, die Künstler wurden mit sehr viel Applaus und Jubel gefeiert, mehrmalige Standing Ovations, bereits auch schon im ersten Teil des Konzerts – bei Jan Ammanns wunderbar gefühlvollem und doch auch stimmgewaltigen Vortrag der  Arie Till I Hear You Sing sowie nach dem sehr berührenden „Ghost“-Block –   stellten eindrucksvoll unter Beweis, wie begeistert das Publikum reagierte.

Das Programm ließ viel Vorfreude aufkommen. Endlich gibt es auch, neben den bewährten Fixpunkten, viel Neues zu entdecken, zu hören, mitzuerleben. Anerkennung gebührt Mario Stork für viele neue interessante und unerwartete Arrangements. Bekannte Titel werden in gänzlich ungewohnten, aber dafür umso packenderen Variationen vorgetragen, so zum Bespiel das wunderbare Music of the Night als Duett mit Jan Ammann und Carin Filipčić. Diese Nummer und die beiden stimmgewaltigen „Kaiserinnen“ Carin Filipčić  und Katja Berg als ungewöhnliche Duett-Formation der „Elisabeth“-Hymne Ich gehör nur mir sind großartige Performances der an Höhepunkten reichen Show. In diesem Zusammenhang unbedingt ebenfalls erwähnt werden muss der sehr geglückte, szenisch dargestellte „Ghost“-Block. Sehr natürlich und überzeugend zeigen uns Katja Berg und Jan Ammann das junge, verliebte Paar Molly und Sam, wie es sich seine gemeinsame Wohnung einrichtet, kistenschleppend, und sich zwischendurch immer wieder herzend. Für Lacher sorgen Andi Bieber und Jan Ammann als „Hellas Angels“ mit ihrer ganz speziellen Version von Griechischer Wein: Anflüge von Sirtaki amüsieren das Publikum ebenso wie der von Jan Ammann im Song Anwendung findende griechische Akzent – der Künstler scheint offensichtlich ein Talent für Dialekte und Akzente zu haben.

Im Einzelnen:

Jan Ammann:

Es macht große Freude, mitzuerleben, wie der ausgebildete Klassikbariton immer vielseitiger wird und sein Repertoire stetig erweitert. Mit Spannung erwarten seine Bewunder(innen) seine erstmalige Interpretation der sehr anspruchsvoll zu singenden Musical-Gänsehautarien Bring ihn heim aus „Les Misérables“ und Till I Hear you Sing aus „Love Never Dies“. Einfach nur wunderbar. Den Vergleich mit dem großartigen Ramin Karimloo, der beide Titel aktuell („Les Miz“) bzw. bis vor kurzem („Love Never Dies“) am Londoner West End in den entsprechenden Produktionen darbietet, braucht Ammann nicht zu scheuen. Chapeau! Dass er mit seiner Paraderolle als Graf Krolock erneut abräumt, versteht sich fast schon von selbst. Seine Unstillbare Gier reißt die Besucher erneut von den Sitzen, zu Standing Ovations und lang anhaltendem Jubel.

Katja Berg:

Was für eine Röhre! Und eine mehr als passende Verstärkung für die drei Stammsolisten, wunderbar fügt sich Katja Berg sowohl stimmlich als auch darstellerisch und optisch in das Quartett ein. Ihre Interpretation von With You aus „Ghost“ geht schwer unter die Haut und rührt zu Tränen. Egal ob als Solistin oder im Duett mit Andreas Bieber (The Last Night of the World), Jan Ammann (Totale Finsternis: grandios! und Here Right Now) oder mit ihrer ebenfalls stimmgewaltigen Kollegin Carin Filipčić  (Dancing Queen) – Katja Berg begeistert!

Andreas Bieber:

Seit mehr als 20 Jahren steht Andreas Bieber schon in großen und bekannten Musicals auf der Bühne, doch er ist immer noch der frische, Energie versprühende Lausbub mit enormer Stimme und Charme. Gleich zu Beginn des Konzerts liegt ihm das Publikum schon zu Füßen bei seinem Vortrag Ich wollte nie erwachsen sein aus „Tabaluga & Lilli“. Andreas Bieber ist einfach ein Sympathieträger und vielseitiger Künstler. Wie er Electricity aus „Billy Elliot“ auf die Bretter zaubert, zweisprachig (wobei die deutsche Übersetzung nicht hundertprozentig punktet), das hat schon was. Überzeugend natürlich ebenso seine Joseph-Darstellung, und extrem berührend seine Verzweiflung bei Warum kannst Du mich nicht lieben, wie ich bin aus „Mozart!“. Beim im wahrsten Sinne des Wortes packenden Männer-Duett Die Schatten werden länger als Rudolf im Verbund mit dem „Tod“ Jan Ammann hätte man im Publikum eine Stecknadel fallen hören. Großes Kino!

Carin Filipčić:

Last but not least das Stimmwunder aus Wien. Carin Filipčić erfreut uns Musical-Süchtige ebenfalls seit bereits mehr als 20 Jahren mit ihrem wunderbar warmen Mezzosopran. Wie erwartet ist ihr Vortrag Gold von den Sternen ein Highlight, doch ebenso anrührend wie stimmsicher ihre Interpretation von Ich hab geträumt vor langer Zeit und ganz besonders bewegend Durch meine Finger rinnt die Zeit. Nicht zu vergessen ihr großartiges Rebecca, ein Hörgenuss der besonderen Art von einer wunderbaren Künstlerin.

Abschließend ist festzuhalten, dass mit dieser neuen Konzertreihe so gut wie alles richtig gemacht wurde. Das Gespür der Kreativen, so genau den Geschmack des Publikums zu treffen, ist schon wirklich bemerkenswert. Man vermisst zu keiner Zeit aufwendige Bühnenbilder oder Kostüme, die Aufmerksamkeit ist ausschließlich auf die Darsteller und ihr großes Stimmvermögen fokussiert. Vielleicht hätte der eine oder andere Compilation-Titel nicht unbedingt sein müssen, aber sowas ist ja bekanntlich Geschmackssache. Kleinere anfängliche Unsicherheiten der Künstler beim Timing, insbesondere bei den Ensemblenummern, sind im Laufe der Konzertreihe verschwunden. Zum Schluss des fabelhaften Konzerts wünscht man sich eine etwas mitreissendere Nummer als Zugabe, die Reprise von ‚For the Glory’ war sehr kurz. Überhaupt war das Ende des Konzerts etwas abrupt, man sollte doch ruhig der Begeisterung des Publikums für die Darsteller beim Schlussapplaus mehr Zeit und Platz einräumen.

Im Jahr 2013 werden die „Musical Moments“ wiederaufgenommen – die Vorfreude darauf ist bereits vorprogrammiert.

(Silvia E. Loske), Februar 2012

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Setlist